Mader : Fakten - Fälle - Fotos®
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5.8.3 Chronische Wunden

Zusatzinfo

Wundgrundvorbereitung

Für den Hausarzt sinnvolle Wundgrundvorbereitung: Mechanisches Hydro-Débridement, bei dem mittels Wundduschen vor dem Verbandswechsel überschüssiges Sekret, Detritus und flüssige Nekrosen abgespült werden.

Chirurgisches Débridement mit Skalpell oder scharfem Löffel bis in die blutende Grenzschicht der chronischen Wunde nach adäquater Analgesie; dadurch schnelle und sichere Abtrennung des nekrotischen Gewebes und der bakteriellen Invasionsschicht. Der Einsatz von hydrogelen oder proteolytischen Enzymen (z. B. Kollagenasen) ist weniger effektiv.


Granulation

Die am häufigsten eingesetzten Produkte zur Förderung der Granulation sind Wundauflagen, die meist das Prinzip einer feuchten Wundversorgung ermöglichen sollen. Grundsätzlich können die meisten modernen Wundverbände in folgende Kategorien eingeteilt werden:

  • Aktivkohle (Geruchabsorption, Bakterizidie, Aufnahme von Endoxinen). Einsatz: z. B. palliativmedizinische Versorgung exulzerierter Neoplasien.
  • Alginat (Quellung im feuchten Milieu zu Hydrogel mit Einschluss von Bakterien und Detritus. Hämostyptische Wirkung).
  • Hyaluronsäure (autolytisches Débridement, Unterstützung der Wundreinigung).
  • Hydro- oder Aquafaser (diese Fasern können innerhalb weniger Minuten Sekret bis zum 40-fachen ihres Eigengewichts aufnehmen: Einsatz bei sehr stark sezernierenden Wunden).
  • Hydrogel (autolytisches Débridement insbes. in trockenen Wunden, um feuchtes Wundmilieu zu gewährleisten).
  • Hydrokolloid (Aufweichung und Ablösung fibrinöser Beläge).
  • Imprägnierte Gaze (Anwendung in Kombination mit anderen Wundtherapeutika als nichtadhäsive Abdeckung).
  • Kollagen (temporärer Dermisersatz zur Förderung von Granulation und/oder Epithelisation bei stagnierender Wundheilung).
  • Nasstherapeutika (Aufweichung und Ablösung von Nekrosen und Krusten durch Sprüheffekt).
  • Schaumstoffkompresse, geschlossenporige (optimales Exsudatmanagement, unkomplizierte Anwendung, heute am häufigsten eingesetzt). Offenporige Schaumstoffkompressen wegen starker Schmerzen bei Verbandwechsel heute obsolet.

Epithelisation

Spalthauttransplantate – möglichst in Form von Mesh-Grafts – sind für die meisten Patienten mit chronischen Wunden die Therapie der ersten Wahl. Ebenfalls erfolgreich in dieser Heilungsphase: nicht traumatisierende Wundverbände wie offenporige Schaumstoffe.


Wundtherapeutika

Wegen der stark austrocknenden Wirkung und/oder Verfärbung der Wunde werden viele früher gebräuchliche Substanzen heute einem modernen Wundmanagement nicht mehr gerecht. Anwendung finden stattdessen potente und lang wirksame Antiseptika (z. B. auf der Basis von Octenidin/Octisept®, Polihexanit).

Merke
Wundtherapeutika auf Silber- bzw. PVP-Jod-Basis kritisch einsetzen (Resistenzen bzw. Kontaktallergien!). Topischer Einsatz von Antibiotika, Farbstoffen, Quecksilberpräparationen oder Wasserstoffperoxid obsolet.


Tipp: Bei fest haftenden Verbänden vor dem Wechsel Einweichen mit angewärmter Ringerlösung. Krusten lassen sich weitgehend schmerzfrei mit in Olivenöl getränkten Kompressen oder fettiger Salbe nach einstündigem Auftragen entfernen (Dissemond 2010).


Standardisierte Beurteilung chronischer Wunden
 
Mit der A.B.C.D.E-Regel  und dem modernen M.O.I.S.T.-Konzept der Begutachtung befasst sich der Dermatologe Prof. Robert Strohal/ Österreich in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2021) 32-35
https://allgemeinarzt.digital/epaper-data/Der-Allgemeinarzt-2021_7/32/index.html


Chronische Wunden im Alter

Anhand der S3-Leitlinie von 2016 Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronisch venöse Insuffizienz
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/091-001.html
zeigt der Angiologe und langjährig erfahrene Wundtherapeut Dr. Bernhard Fichtl in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt 2016 auf, was und wie der Hausarzt selbst versorgen kann und wann der Spezialist gefragt ist.
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1755458


Auch die Schweizer Ernährungsmedizinerin Dr.med.Sarah Sigrist sieht einen Zusammenhang zwischen Mangelernährung und dem Auftreten von chronischen Wunden bzw.ihrer verzögerter Abheilung (Der Allgemeinarzt 2013).
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1599687

Dokumentation, möglicher AGV und  Überweisung zum Spezialisten bei Alterswunden sind Überlegungen von Oberarzt Dr.med. Bernhatrd Fichtl in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt 2016
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1755458

Weitere Beiträge in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt, die sich mit dem Wundmanagement befassen:
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1564038
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1662032
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1563607
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1798972


Über- und Fehlversorgung vermeiden

Der Allgemeinarzt und Wiss. Mitarbeiter am Institut für Allgemeinmedizin in Halle, Dr. med. Stephan Fuchs, sowie die Kollegen Schelm, Steger und Carmienke befassen sich in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2017) mit der praxisgerechten Wundversorgung; so benötigen chronische Wunden beispielsweise keinen täglichen Verbandswechsel.
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/ueber-und-fehltherapie-vermeiden-1806857


Die Delegation der Versorgung chronischer Wunden unter organisatorischen und rechtlichen Gesichtspunkten ist in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt Gegenstand folgender Beiträge:

http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1768824
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1768828

Zur Versorgung spezieller chronischer Wunden  vgl. Mader: Fakten- Fälle - Fotos in den betreffenden Kapiteln
Dekubitalulzera (Kap.5. 8. 4)
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1781895
Ulcus cruris (8.3)
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1747771
Diabetisches Fußsyndrom (Kap.13.1.8)
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1563050


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