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6.9 Leitsymptom Synkope

Zusatzinfo

Wissenswertes

In der Framingham-Heart-Study zwischen 1971-1988 fanden sich bei 7814 Studienteilnehmern, die über 17 Jahre überwacht wurden, 9,5 % kardiale Synkopen sowie 36,6 % Synkopen unklarer Ätiologie, wobei Teilnehmer mit Synkope unklarer Ätiologie und solche mit neurologischer Synkope ein erhöhtes Risiko für ein Todesereignis irgendeiner Art aufwiesen. Rd. 80 % der Teilnehmer hatten eine einmalige Synkope (Soteriades 2002). Die Synkope kardiogener Ursache (ca. 15 %) hat eine schlechte Prognose: Innerhalb von 5 Jahren ist jeder Zweite verstorben.


Synkope oder Epilepsie?

Während der zerebrale Anfall sehr plötzlich einsetzt, entwickelt sich die Symptomatik bei einer Synkope leicht protrahiert. Auch geben Patienten nach einem Krampfanfall im Gegensatz zu Patienten mit einer Synkope gelegentlich Kopfschmerzen an.


"Der Kreislauf" oder Bild einer Epilepsie ?

Prof. Dr. med. Reinhold Klein, Autor mehrerer allgemeinmedizinischer Bücher und Lehrbeauftragter für Allgemeinmedizin an der TUM, schildert in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2017) einen Notruf in der vollen Sprechstunde, der vor Ort an das Bild einer Epilepsie denken lässt.
https://www.allgemeinarzt-online.de/a/fall-ploetzlich-bewusstlos-der-ganze-koerper-zuckt-1835680

Aber auch eine Synkope muss zunächst ganz allgemein bedacht werden:
https://www.allgemeinarzt-online.de/a/was-spricht-fuer-eine-synkope-1563786


Merke
Typisch für einen zerebralen Krampfanfall ist der postiktale Dämmerzustand bzw. die postiktale Verwirrtheit.

Auch finden sich bei Patienten mit Krampfanfällen häufig Harn- und/oder Stuhlinkontinenz und/oder Zungenbiss. Typisch sind ferner Prodromalsymptome bzw. Aura. Diese Symptome gibt es bei einer Synkope nicht.


Tabelle: Phänomenologische Unterschiede zwischen Synkopen und epileptischen Anfällen

Beobachtung

Synkope

Epileptischer Anfall

Auslöser

Schreck, Miktion, langes Stehen

Selten (Flackerlicht, Reflexepilepsien etc.)

Aura

Selten

Häufig, z. B. aufsteigende Übelkeit, sensomotorische Symptome, Angst

Sehstörung vor Bewusstseinsverlust

Häufig milchig oder schwarz Sehen

Selten

Dauer der Bewusstseinsstörung

Meist < 1 min

Meist > 1 min

Tonusverlust

Meist atonisch

Meist tonisch

Dauer der Konvulsionen

Meist < 20 s

Meist > 1 min

Falls Konvulsionen

Asynchron

Synchron

Gesichtsfarbe

Blass

Rot-bläulich

Atmung

Flach

Apnoisch, stertorös

Nach der Attacke

Rasche Reorientierung, keine Amnesie

Umdämmerung, Amnesie möglich

Muskelkater

Nein

Möglich

Lateraler Zungenbiss

Selten

Häufig


Merke
Betablocker
vermindern beim insulinüberdosierten Diabetiker die adrenerge Gegenregulation und damit adäquate Warnsignale einer Hypoglykämie, die infolgedessen synkopal eintritt.


Gegendruckmanöver verhindert Synkopen

Für Patienten, die eine neurokardiogene Synkope erlitten bzw. zu solchen Synkopen neigen, ist es sinnvoll, sobald Prodromalsymptome auftreten, physikalische Gegendruckmanöver auszuüben: Dazu gehören das Kreuzen der Beine, die Anspannung der Gesäßmuskeln, die Hockstellung und das Handgrip. Mit solchen Manövern gelingt es häufig, die sich anbahnende Synkope zu verhindern.


Risikostratifikation (SFSR)

Die SFSR von 2004 stellt derzeit die einzige Regel für kurzfristige Zeithorizonte dar,welche bereits in verschiedenen Populationen getestet wurde. Dui Autoren haben inzwischen nochmals bekräftigt, dass alle verfügbaren EKGs - nach Möglichkeit auch kardiales Monitoring - Bestandteil des SFSR sein sollten. Ziel ist die Abschätzung des kurzfristigen Risikos (innerhalb von 30 Tagen) eines schwer wiegenden Ereignisses für Patienten, die sich in einer Notaufnahme stellen. In dieser Studie wurde Synkope definiert als : Plötzlicher und vorüber gehender, spontan reversibler Bewusstseins-und Tonusverlust infolge zerebraler Minderperfusion, mit oder ohne Sturz. Trauma, Alkohol-oder Drogen assoziierte Bewusstseinsverluste sowie epileptische Anfälle oder Personen mit verändertem Mentalstatus wurden bei Herleitung der SFSR nicht berücksichtigt. Als unerwünschte Ereignisse gelten: Tod, Myokard-Infarkt, Arrythmie, Lungenembolie, Schlaganfall, subarachnoidale oder signifikante Blutung sowie alle Zustände, welche ein erneutes Aufsuchen der Notfallaufnahme oder eine in Zusammenhang stehende Hospitalisation erfordern (Saccilotto 2013).


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