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6.11.3 Therapie

Zusatzinfo

Behandlung der Exazerbation der COPD (n. NVL COPD 2007; Vers. 1.9 von 2012)

Medikamentöse Therapie

 

  • Bei Exazerbation soll die Therapie mit Bronchodilatatoren intensiviert werden (z. B. initial 1-2 Hübe eines rasch wirksamen Beta-2-Sympathomimetikums und 2 Hübe eines raschwirksamen Anticholinergikums alle 10-15 min).

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  • Zugelassene Medikamentendosen können in Einzelfällen situationsabhängig überschritten werden. In hohen Dosen nimmt die Nebenwirkungsrate des jeweils eingesetzten Pharmakons zu (z. B. Herzrhythmusstörungen, Tremor, Unruhezustände bei Beta-2-Sympathomimetika oder Theophyllin).

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  • Theophyllin sollte auch bei Exazerbation erst nach Gabe von Anticholinergika, Beta-2-Sympathomimetika und systemischen Kortikosteroiden eingesetzt werden.

  • Eine Gabe systemischer Kortikoide (20-40 mg Prednisolonäquivalent pro Tag) soll max. für 14 Tage erfolgen; eine längere Behandlung bringt keine zusätzlichen Vorteile.

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  • Antibiotika sollten nur bei Verdacht auf einen bakteriellen Infekt gegeben werden, der eher wahrscheinlich ist bei vermehrtem Sputumvolumen und Purulenz.

Sauerstoff-Behandlung

 

Der paO2 soll ≥ 60 mmHg betragen und wird über Blutgasanalysen eingestellt. Ein Anstieg des pCO2   ohne Bewusstseinstrübung ist in der Regel klinisch unbedeutend.

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Veranlassung einer Rehabilitationsmaßnahme (n. NVL COPD 2007)

Vor dem Hintergrund der derzeitigen rechtlichen Situation besteht die Indikation zur Rehabilitation, wenn trotz adäquater kurativer Behandlung beeinträchtigende körperliche oder psychosoziale Krankheitsfolgen persistieren, welche die Möglichkeiten von alltagsrelevanten Aktivitäten und der Teilhabe am normalen privaten, öffentlichen oder beruflichen Leben behindern.

Wichtige spezielle Indikationen sind daher z. B.

  • persistierende COPD-Symptome,
  • Gefährdung der Erwerbsfähigkeit,
  • drohende Pflegebedürftigkeit sowie
  • die Notwendigkeit von reha-spezifischen nichtmedikamentösen Therapieverfahren, wenn diese ambulant nicht im erforderlichen Ausmaß erfolgen können, z. B. medizinische Trainingstherapie, Physiotherapie, Schulung oder psychosoziale Hilfe,
  • Anschlussrehabilitation (AHB) nach notwendiger akutstationärer Behandlung einer COPD-Exazerbation.

Tabelle. Medikamentöse Therapie der COPD und ihre Evidenz
(↑↑ = starke Empfehlung; ↑ = Empfehlung)

Bronchodilatatoren

Empfehlung

  • Bei Bedarf werden inhalative raschwirksame Bronchodilatatoren wie folgt empfohlen: Inhalative raschwirksame Beta-2-Sympathomimetika (Fenoterol, Salbutamol, Terbutalin) oder Anticholinergika (Ipratropium).

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  • Für die Dauertherapie ab Stufe II werden langwirksame Beta-2-Sympathomimetika (Formoterol, Salmeterol) und/oder Tiotropium empfohlen.

 

  • Die Kombination aus langwirksamem und raschwirksamem Beta-2-Sympathomimetikum hat gegenüber Einzelsubstanzen einen additiven bronchodilatatorischen Effekt.

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  • Für Theophyllin sind ebenfalls bronchodilatatorische Effekte nachgewiesen worden; es soll wegen der geringeren Effizienz, zahlreicher Interaktionen und der relativ geringen therapeutischen Breite erst nach Einsatz von Anticholinergika und Beta-2-Sympathomimetika gegeben werden.

 

Kortikosteroide *)

 

  • Inhalative Kortikosteroide (ICS) sollten bei Patienten verordnet werden, deren FEV1 < 50 % Soll beträgt und die mehr als 2 Exazerbationen pro Jahr haben, welche eine Antibiotika- und/oder orale Kortikosteroidtherapie erfordern.

  • Die Indikationsstellung sollte im Verlauf regelmäßig überprüft werden.

 

  • Behandlungsziele sind eine Verringerung der Exazerbationsrate und eine Verlangsamung der Verschlechterung des Gesundheitszustandes, die sich nicht unbedingt in den Lungenfunktionsdaten abbildet.

 

  • Eine Langzeittherapie mit oralen Kortikosteroiden wird nicht empfohlen.

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Mukopharmaka/Antitussiva

 

  • Der Einsatz von N-Acetylcystein, Ambroxol und Myrtol zur Sekretelimination wird nicht allgemein empfohlen.

  • Bei produktivem Husten ist die Einnahme von Antitussiva nicht indiziert; bei nicht-produktivem nächtlichen Husten kann der Einsatz von Antitussiva zeitlich befristet indiziert sein.

Langzeitbehandlung mit Sauerstoff

 

  • Bei Patienten mit chronischer Hypoxämie in Ruhe (arterieller Sauerstoffpartialdruck ≤ 55 mmHg) ist eine Langzeit-Sauerstoff-Behandlung indiziert; falls ein Cor pulmonale vorliegt, bereits bei einem pO2 < 60 mmHg. Die Anwendungsdauer sollte mindestens 16 Stunden pro Tag betragen.

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*) Verschiedene Studien stellen den Nutzen von Kortikoiden grundsätzlich in Frage; eine große Kohortenstudie zeigte, dass die Inhalation von Kortikosteroiden das Risiko, mit einer Pneumonie stationär aufgenommen zu werden, um 70 % steigerte (das Sterberisiko war um rd. 50 % erhöht) (Ernst et al. 2007; Vers. 1.9 von 2012).


Die medikamentöse Behandlung bringt – entsprechend der Krankheitsdefinition – nur eine geringfügige objektive Verbesserung in der aktuellen Lungenfunktion und im Langzeitverlauf. Kortikosteroide spielen in der Therapie der COPD – anders als beim Asthma – keine zentrale Rolle, insbesondere nicht für die Langzeitbehandlung; sie können mit Patienten mit sehr häufigen Exazerbationen zu Beginn einer solchen eingesetzt werden, sollten aber in ihrer Effektivität für den jeweils einzelnen Patienten beurteilt werden. Beta-Mimetika und Anticholinergika besitzen therapeutisch den gleichen Stellenwert. Beide zusammen erhöhen den therapeutischen Effekt. Theophyllin-Präparate sind aufgrund von Nebenwirkungen problematisch und sollten nur an letzter Stelle eingesetzt werden (NVL COPD 2010).


COPD-Therapie

State of the Art und neue Behandlungsoptionen beschreiben Prof. Otto C. Burghuber et al. in einem CME-Text in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2021) 1: 32-38
https://allgemeinarzt.digital/epaper-data/Der-Allgemeinarzt-2021_1/32/index.html


Antitussiva

Bei quälendem trockenen Husten im Rahmen von Exazerbationen sind Kodeinderivate und synthetische Antitussiva in ausreichend hoher Dosierung (60 mg Kodein/Dosis) hilfreich, falls keine Hyperkapnie vorliegt und keine Atemdepression droht.


Mukopharmaka

Die beiden hauptsächlich verwendeten Mukolytika sind Ambroxol und Acetylcystein (ACC). Ambroxol soll die Viskosität der Schleimmenge reduzieren und die mukoziliäre Clearance steigern. ACC eignet sich besonders zur Behandlung von Krankheiten der Atemwege, die mit starker Vermehrung eines vor allem zähen Sekretes verbunden sind. Neuere Untersuchungen scheinen zu belegen, dass ACC durch seine oxidative Wirkung die Zahl von Infekten und Exazerbationen reduziert. Kritische Indikation dieser Substanzgruppen!


Mikrobiologische Sputumuntersuchung

Eine mikrobiologische Sputumuntersuchung (Gramfärbung und Bakterienkultur mit Resistenzbestimmung) wird nur bei Patienten mit häufigen Exazerbationen (> 3/J), Therapieversagen und/oder bei bekannten Brochiektasen empfohlen. Voraussetzung sind das Vorliegen eines makroskopisch purulenten Sputums und die Gewährleistung von Transport und Verarbeitung des Sputums innerhalb von 2-4 h.


Antibiotika bei COPD

Antibiotika sind nur bei Exazerbationen infolge eines bakteriellen Atemwegs, erkennbar an dem Auftreten von purulentem Sputum, indiziert. Eine Antibiotikatherapie wird empfohlen, wenn alle Zeichen (Dyspnoe, vermehrtes und gelb-grün verfärbtes Sputum) der bakteriellen Infektion vorliegen, bei allen Patienten mit sehr schwerer COPD, bei häufig rezidivierenden akuten Exazerbationen (> 4/J) und bei relevanter kardialer Komorbidität (Worth u. Kardos 2009).


Inhaltionssysteme bei Astma und COPD

Die wichtigste Behandlungsform obstruktiver Atemwegserkrankungen ist die inhalative Therapie. Der Wiener Pneumologe Dr. Daniel Doberer stellt in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2021) S1: 5-11 in einem CME-Beitrag die auf dem Markt befindlichen Inhalatorentypen und-wirkstoffe zusammen.
https://allgemeinarzt.digital/epaper-data/Der-Allgemeinarzt-Sonderheft-2021_1/4/index.html


Exazerbation der COPD

Die Exazerbation einer COPD ist lebensgefährlich. Frühzeitig erkannt, läßt sie sich gut behandeln; allerdings kann stationäre Behandlung nicht immer vermieden werden, schreibt der klinische Pneumologe Prof. Dr. med. Rainer Willy Hauck in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2017).


Sauerstoff-Langzeittherapie

Eine lebenrettende, aber auch lebensverändernde Maßnahme bei schweren Stadien der COPD mit oder ohne Emphysem, schreibt die Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2021) 4: 30-31
https://allgemeinarzt.digital/epaper-data/Der-Allgemeinarzt-2021_4/30/index.html


Beurteilung der Entlassmedikation durch den Hausarzt

Wird ein Patient stationär eingewiesen, verlässt er die Klinik oft mit einer völlig veränderten Medikation. Wie bewerten Sie die Entlassungsmedikation in diesem Fall? Welche Maßnahmen empfehlen Sie COPD-Patienten außer einer optimalen Medikation? Der Allgemeinarzt Prof.Dr.med. Reinhold Klein schildert in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2017) folgenden Fall: Der 72-jährige Herr Schneider ist seit 7 Jahren in der Praxis bekannt. Atemnot hat er eigentlich immer. Jetzt ist sie schlimmer geworden. Als er heute die Praxis betritt, steht sein Entschluss schon fest: "Ich möchte in die Lungen-Spezialklinik!" Nach einer Woche wird der Patient entlassen.  Die medikamentösen wie die (nicht angedachten) nicht-medikamentösen Überlegungen (BODE-Index) bzw. Maßnahmen werden diskutiert.

https://www.allgemeinarzt-online.de/a/fall-wegen-atemnot-in-die-spezialklinik-1846612


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