Mader : Fakten - Fälle - Fotos®
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7.4.4 Beschwerden in Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm

Zusatzinfo

Wissenswertes

H. pylori ist ein obligat pathogenes, Gram-negatives Bakterium, das die Magenschleimhaut besiedelt und dort eine chronisch-aktive Typ-B-Gastritis induziert. Die epidemiologische Situation in Deutschland weist folgende Charakteristika auf:

  • Im Alter ansteigende Durchseuchungsrate (5 % der Kinder und 30 % der Erwachsenen)
  • Deutlich höhere Infektionsrate bei Immigranten (36 % bis 86 %)
  • Rückgang der Infektionshäufigkeit in den letzten Jahrzehnten und auch künftig
  • Erwerb der Infektion im Kleinkindesalter in der Familie
  • Übertragungsweg oral-oral, gastral-oral, fäkal-oral
  • Seltene Rezidivinfektionen bei Erwachsenen (1 %/J)

Diagnostik

Keimnachweis direkt (z. B. invasive Methoden wie Biopsie) oder indirekt (Ureaseaktivität, Antikörpernachweis). Sensitivität und Spezifität der verschiedenen Tests sind hoch. Zwei positive Testergebnisse für die Diagnose einer H. pylori-Infektion sind erforderlich (EvG C, starker Konsens). Serologische Tests sind als Entscheidungsgrundlage für eine Therapie ungeeignet.


Karzinom und H. pylori

Die zahlenmäßig häufigste und durch die Datenlage am besten abgesicherte Indikation für eine Eradikationsbehandlung ist das peptische Ulkus. Der karzinopräventive Effekt der Eradikation von Helicobacter pylori ist umso größer, je früher die Behandlung erfolgt. Haben sich eine Atrophie oder intestinale Metaplasie entwickelt, könnte ein „point of no return“ erreicht sein (Konsensus-S3-LL 2009).


Epigastralgien

Die Beschwerden sind wechselnd stark ausgeprägt; bei Kindern kommen sie praktisch nicht vor.

Organische Veränderungen in dieser Region (Magen, Ösophagus, Zwerchfell, aber auch Bauchdecken und epigastrische Hernien) müssen diagnostisch entsprechend (am besten programmiert) bedacht werden, bevor der Arzt die offene Klassifizierung »Epigastralgie« (A/B) wählt.


Endoskopie bei gastroösophagealem Reflux

Die Clinical Guidelines des American College of Physicians (ACP) fasst Dr. med. Halid Bas in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt zusammen (2014). Die verfügbare Evidenz spricht dafür, diese Untersuchung nur bei bestimmten Indikationen vorzunehmen. Überdiagnostik bedeutet – auch in dieser klinischen Situation – höhere Kosten und unnötige Risiken ohne Verbesserung des Outcomes.
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/wann-macht-die-endoskopie-sinn-1633973


Reflux und PPI- Therapie

Für wen, wie viel und wie lange kommen Protonenpumpeninhibitoren (PPI) infrage? Was tun bei Therapieversagen? Welche Verträglichkeit? Dies untersucht der Gastroenterloge Dr. med. Wolfram Bohle in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2017).
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/fuer-wen-wie-viel-wie-lange-1815354
 

Sodbrennen

Mehrere Beiträge in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt widmen sich dem häufigen Beratungsproblem "Sodbrennen" in der Allgemeinpraxis:
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1738184
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1593403
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1571849
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1562693
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1563430
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1602571


Tabelle. Mit Reflux assoziierte Symptomatik (Halama u. Frühauf 2010)

Typische Symptomatik

  • Sodbrennen
  • nicht kardiale Thorakodynie
  • saurer Rückfluss

Atypische Symptomatik

  • Dysphagie
  • Globusgefühl
  • Dyspepsie/Bauchschmerzen

Extraösophageale Symptomatik

  • Heiserkeit/Halsschmerzen
  • chronischer Husten
  • Sinusitis/Otitis
  • Laryngitis/Stimmbandpolypen
  • erosive Veränderungen der Zähne
  • nicht atopisches Asthma bronchiale
  • rezidivierende Aspirationen/Lungenfibrose

Neoplasien

  • Adenokarzinome des Ösophagus
  • HNO-Tumore

Tabelle. Faktoren, welche zu Reflux führen können

Genetische Faktoren

  • positive Familienanamnese

Demografische Faktoren

  • Alter
  • kaukasische Abstammung
  • Adipositas
  • Schwangerschaft

Verhaltensassoziierte Faktoren

  • Rauchen
  • Alkohol
  • Mahlzeiten mit großem Volumen, bes. vor dem Schlafengehen
  • hochkalorische (fetthaltige) Mahlzeiten
  • schnelle Nahrungsaufnahme
  • hoher Salzgehalt
  • faserarme Kost

Umweltfaktoren

  • Helicobacter-pylori-Infektion

Medikamentöse Therapie

  • Medikamente mit relaxierendem Effekt auf den unteren Ösophagussphinkter (Kalziumantagonisten, Anticholinergika, Beta-Adrenergika, Theophyllin, Nitrate)
  • Medikamente, die eine Gastroparese verursachen (Opiate, Steroide)
  • nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)

Endoskopie

Dazu wird auf das Flussdiagramm auf S.43 der S2k-LL Refluxkrankheit von 2014 verwiesen.
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-013l_S2k_Refluxkrankheit_2014-05.pdf
Zum kritischen Einsatz der Endoskopie bei GERD äußert sich Dr.med. Halid Bas in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1633973

Die medikamentöse Hemmung der Säuresekretion gelingt am effektivsten durch Protonenpumpeninhibitoren (PPI), die seit über 25 J eingesetzt werden bei gastroösophagealer Refluxkrankheit, Ulcus ventriculi, Ulcus duodeni, Sekundärprophylaxe mit NSAR und ASS, zur Rezidivprophylaxe von Ulkusblutungen nach erfolgreicher endoskopischer Blutstillung. Beachte: Es gibt Hinweise in der Literatur, dass das Frakturrisiko durch die GHabe von PPI zunimmt. Bei einer PPI-Langzeittherapie sollten die Vit.-B12-Spiegel in größeren Abständen überprüft werden (Mössner 2016).


Tabelle. Lifestyle-Modifikationen bei erosiver gastroösophagealer Refluxerkrankung (GERD). Die einzelnen Maßnahmen sind nur unzureichend evidenzbasiert, können im Patientengespräch aber hilfreich sein (Caca, Schiefke 2007)

  • voluminöse Mahlzeiten vermeiden
  • saure Speisen (Zitrusfrüchte, Tomaten etc.), Alkohol, Kaffee, Schokolade, Zwiebeln, Knoblauch und Pfefferminz vermeiden
  • den Fettgehalt der Speisen reduzieren
  • die horizontale Körperposition bis vier Stunden nach dem Essen vermeiden
  • nach dem Essen pfefferminzfreies Kaugummi kauen
  • enge Kleidung um die Hüfte vermeiden
  • Medikamente, die Symptome verstärken können, vermeiden (Kalziumkanalantagonisten, Betablocker, Theophylline, Nitrate, Psychopharmaka)
  • Gewicht reduzieren
  • mit dem Rauchen aufhören
  • das Kopfteil des Bettes etwa 10-20 cm hoch stellen

Tabelle. Indikationen zur Langzeittherapie mit Säureblockern

  • Verlauf der Ulkuskrankheit

-        Mehr als 2 Rezidive pro Jahr
-        Immer kürzere Intervalle zwischen den Ulkusschüben
-        Immer längere Abheilungszeiten bei der Schubtherapie
-        Hoher Leidensdruck im Ulkusschub

  • Anamnestische Daten

-        Vorausgegangene Komplikationen (Blutung, Perforation)
-        Schwere Begleiterkrankung (kardial, Leberzirrhose, Niereninsuffizienz)

  • Notwendigkeit ulkusbegünstigender Medikamente (Antirheumatika)

Tabelle. Häufigkeit (Rang) des Beratungsergebnisses »peptische Ulzera« in allgemeinmedizinischen Praxen in Österreich, in der Schweiz und in Frankreich

Beratungsergebnis

Österreich Braun (1986)

Schweiz Landolt-Theus (1992)

Frankreich Sourzac u. Very (1991)

Österreich

Fink (2007)

1954–1959

1977–1980

1983–1988

1988–1990

1989-1999

Peptische Ulzera

37

60

135

146

201


Problemregion Acid Pocket

Es handelt sich um eine Zone in der Cardia, die vom Puffereffekt einer Mahlzeit kaum erreicht wird und daher stark sauer bleibt. Sie enthält rund 70 ml Magensaft, der erhebliche Probleme verursachen kann. Das erklärt, warum Refluxbeschwerden oft nach den Mahlzeiten am ausgeprägtesten sind, obwohl der gesamte Mageninhalt zu diesen Zeiten am wenigsten sauer ist. Probleme bereitet die Acid Pocket (2001 entdeckt) beispielsweise, wenn sie infolge einer Hiatushernie durch das Diaphragma nach oben gleitet und so leichter sauren Reflux verursachen kann. Dieses Wissen eröffnet neue Wege in der Behandlung gastroösophagealer Beschwerden: Einerseits über die Erhöhung der Magenmotilität (bessere Durchmischung des Mageninhaltes), andererseits (bereits heute gangbarer Weg) durch Einsatz von Alginaten, die auf die Acid Pocket wirken, da sie - im Gegensatz zu Antazida auf Aluminium- oder Magnesiumbasis- auf dem Mageninhalt schwimmen.


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