Mader : Fakten - Fälle - Fotos®
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10.1.3 Ausscheidungsstörungen bei Kindern und Älteren

Zusatzinfo

Wissenswertes

Kinder, die in der Praxis nicht „können“, haben häufig eine Blasendysfunktion. Eine psychogene Entleerungshemmung, wie man sie von Erwachsenen kennt, gibt es bei 5- oder 6-Jährigen noch nicht. Hellhörig werden muss der Arzt auch, wenn über Kinder in diesem Alter berichtet wird, dass sie manchmal so ins Spiel vertieft seien, dass sie „vergessen“, auf die Toilette zu gehen.

(Quelle: M. Bürst 2009, Bad Orb)

Wissenswertes zur Enuresis bei Kindern

  • Der von Eltern häufig beschriebene Tiefschlaf von Kindern, während sie einnässen („Das Kind schläft so tief wie ein Stein“), stimmt nicht: Diese Kinder haben tatsächlich im Gegensatz zu anderen Kindern meist sogar einen weniger tiefen oder permanent entspannten Schlaf, allerdings sind sie in der Tat besonders schwer erweckbar. Enuretische Kinder haben möglicherweise auch andere Schlafbesonderheiten.

(Quelle: Marschall-Kehrel u. Grünebaum 2010)


Blasentagebuch

Dringend zu empfehlen zur Aufzeichnung von Trinkverhalten (Menge, Qualität der Flüssigkeit, Zeitpunkt), Miktionsmenge und – zeitpunkt, Symptomen der Blase und des Stuhlgangs.
(www.blasentagebuch.de)

Überaktive Blase bei Kindern

Die betreffenden Kinder haben eine relativ hohe Miktionsfrequenz. Das Einnässen geschieht gehäuft in den Nachmittagsstunden, bei nächtlichem Einnässen ist oft ein vorheriges Erwachen erinnerlich. Ganz überwiegend sind Mädchen betroffen und häufig sind Harnwegsinfektionen assoziiert. Ebenfalls sehr häufig besteht parallel eine Obstipation, die in der Regel von den Eltern aber nicht berichtet wird und aktiv erfragt werden muss.

(Quelle: PD Dr. R. Beetz, Mainz 2009)


Der Weg ins Trockene bei Kindern – wenig geeignete Maßnahmen:

  • Nächtliches Wecken,
  • ermahnende Gespräche,
  • Flüssigkeitsrestriktion am Abend,
  • Belohnungen und Bestrafungen,
  • Hochstellen der Matratze am Fußende zur Schräglagerung des Körpers beim Schlafen.

(Quelle: M. Bürst 2005, Bad Orb)


Enuresis

Unter Enuresis, dem Einnässen, versteht man einen regelmäßig unwillkürlichen und unbewussten Harnabgang nach Vollendung des 4. Lebensjahres (â—˜Tabelle 9.5). Hierbei muss die Symptomatik mindestens 2-mal/Monat bei Kindern zwischen 5 Jahren und 6 Jahren und mindestens 1-mal/Monat bei älteren Kindern auftreten. Das Kind muss ein Entwicklungsalter von 4 Jahren haben.

 

Klingelhose

Entsprechend muss die Therapie orientiert sein, z.B. Blasentraining (â–º Übersicht 9.3), ggf. Unterstützung durch Klingelhose, die als konditionierte Schlafstörung interpretiert wird. Eine weitere verhaltenstherapeutische Maßnahme ist die Vorsatzbildung (Nutzung des »Ammenschlafphänomens«): Das Kind spricht vor dem Schlafen laut einen Vorsatz, z. B.: »Heute Nacht, wenn die Blase drückt, wie ein geölter Blitz aufs Klo!« Blasenspasmolytika, wie Propiverin, werden kontrovers diskutiert.


Tabelle.Vorgehen in der Praxis bei primärer und sekundärer Enuresis. (Jährig 1991)

 

Enuresisformen

Körperliche Symptome

Therapie

Primär

D. h. ohne vorausgehende Sauberkeitsgewöhnung (jenseits des 4. Lebensjahres!)

Notwendigkeit des Ausschlusses organischer Ursachen (Missbildungen) usw. bzw. von Oligophrenien, häufig genetisch determiniert; (Familiarität), funktionelle Blasenstörungen (Sphinkter-Detrusor-Steuerung)

Überweisung zum Kinderurologen. Blasenentleerung vor dem Schlafengehen, Konditionierung mit Weckgeräten (Alarmton bei Einnässen). Blasentraining. Selbstheiltendenz: 15% je Jahrgang

Sekundär

 

 

 

 

Nach vorausgehender Sauberkeitsgewöhnung (Manifestation meist zwischen 4. und 8. Lebens-

jahr) Verhältnis Knaben/

Mädchen=2:1. Ursachen: Stress

(Leistungsdruck) Vernachlässi-

gung durch Aufmerksamkeits-

entzug (Protesthaltung des

Kindes), evtl. Störungen des

Schlafverhaltens (Tiefschlaf)

 

 

Enuresis diurna weist auf schwer wiegende Konfliktsituationen hin z.B. Missbrauch- bzw. ist Ausdruck einer Oligophrenie; Ausschluss organischer Ursachen dringend erforderlich

 

Familientherapie. Abbau restriktiver

(angstverstärkender) Maßnahmen.

Weckschemata, Diät usw., Flüssigkeits-

beschränkung haben keinen wesent-

lichen Einfluss auf den Therapieverlauf.

Die Resultate liegen im Bereich der

Quote der Spontanheilungen

 




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