Mader : Fakten - Fälle - Fotos®
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10.1.5 Koliken und Harnsteine

Zusatzinfo

Wissenwertes

Harnsteine fallen längst in die Kategorie Volkskrankheiten. Weltweit gehören sie zu den häufigsten Erkrankungen, in vielen Ländern mit stark zunehmender Tendenz. In Deutschland hat sich die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen seit Mitte der 1980-er Jahre verdreifacht. Jeder 10. entwickelt einmal im Leben einen Harnstein, von denen dann geschätzt jeder 4. später erneut Steine bekommt. Mögliche Ursachen (S2k-LL von 2015):
- Veränderte Lebensumstände und Ernährungsgewohnheiten (Übergewicht, Bewegungsmangel, Diabetes, fortgeschrittenes Lebensalter)
- Männliches Geschlecht
- Frühere medizinische Diagnostik

Weitere mögliche Ursachen (wird diskutiert):

- Korrelation zwischen Steinbildung und Nierenfunktionsstörung
- Korrelation zwischen Herz- und Kreislauferkrankungen (Hypertonie, Koronarsklerose) und Steinleiden


Bewährte Fragen beim Auftreten von Flankenschmerzen

  1. Wie sind Charakter, Lokalisation, Dauer und Intensität der Schmerzen?
  2. Besteht eine Makrohämaturie?
  3. Bestehen Schmerzen bei der Miktion?
  4. Besteht eine Vorgeschichte für Nierensteine?
  5. Bestehen Risikofaktoren für eine extraurogenitale Ursache bzw. komplizierende Faktoren?
  6. Gibt es Hinweise auf ein auslösendes Moment? Lag ein Trauma vor?
  7. Führen Ernährungsfaktoren zur Provokation der Schmerzen? Sind die Beschwerden abhängig?

(Quelle: Ulrich 2009)


Metamizol

Das 1922 von der Firma Hoechst als Novalgin® eingeführte Metamizol oder Novaminsulfon ist ein Pyrazolon-Derivat und Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsauren Nichtopioid-Analgetika. Es besitzt unter diesen die höchste analgetische und antipyretische Wirkung. Nach der sog. Boston-Studie aus dem Jahr 1986 war ein Exzessrisiko von 1,1 zu 1 Mio Anwender/Woche abgeleitet worden. Eine unabhängige pharmako-epidemiologische Untersuchung in Schweden kam dagegen auf eine wesentlich höhere Zahl von bedrohlichen Störungen des weißen Blutbilds – mit Abstand am häufigsten Agranulozytose – (1:1439 Verordnungen). Metamizol ist in einigen Ländern, vor allem des angelsächsischen Sprachraums, aber auch z. B. in Schweden und Japan, nicht zugelassen, während es im deutschsprachigen Raum sowie im Fernen Osten, Afrika und Lateinamerika häufig verwandt wird.

(Quelle: Der Arzneimittelbrief 10/2003)

Das absolute Mortalitätsrisiko beträgt unter Berücksichtigung der relevanten Komplikationen und Nebenwirkungen bei Metamizol 25 Todesfälle pro 100 Mio Behandlungen und ist damit deutlich geringer als bei der Anwendung von Azetylsalizylsäure (185) oder Diclofenac (592) (Andrade et al. 1998)


Metamizol bei Nierenkolik

Metamizol senkt den hydrostatischen Druck im Nierenhohlsystem und kann so einer Impaktierung des Konkrements in die Harnleiterschleimhaut mit konsekutiver Obstruktion vorbeugen. (Walther 2010)


Symptomloser Harnstein

Zufälliger Befund
 in der Sonographie: Sofort Therapie oder abwarten? fragt der Urologe Prof.Dr.med. Dirk Fahlenkamp in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2017).
https://www.allgemeinarzt-online.de/a/symptomloser-harnstein-trotzdem-behandeln-1849089


Allgemeine Harnstein-Metaphylaxe

Möglichst auch nachts trinken: Nächtliches Wasserlassen sollte für Harnsteinpatienten normal sein. – Die früher praktizierte Kalziumrestriktion ist obsolet. Heute gilt eine normale Kalziumzufuhr (1000-1200 mg/d) als richtig. – Verzicht auf Nahrungsbestandteile, die viel Oxalat oder Purin enthalten.
(Quelle: Knoll et al. 2009, S2-Leitlinie Nr. 043/025)


Merke
Ohne Metaphylaxe liegt das Rezidivrisiko, abhängig von der Art der Steine, über 50 %. Eine risikoadaptierte Nachsorge kann dies deutlich senken (LL-S2k-Koordinator Th. Knoll).


Leitlinie 

S2k-LL Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/043-025.html


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