Mader : Fakten - Fälle - Fotos®
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10.4 Weibliches Genitale und Mamma

Zusatzinfo

Tabelle.Zusammenstellung wichtiger Beratungsergebnisse in der Allgemeinpraxis, die den weiblichen Geschlechtsapparat, die weiblichen Brüste, Familienplanung, Kinderwunsch und Schwangerschaft betreffen (»Frauenkrankheiten«)

Beratungsergebnis

Österreich
Braun (1986)

Schweiz
Landolt-Theus (1992)

 

1954–1959

1977–1980

1983–1988

Dysmenorrhö

90

32

64

Klimakterische Beschwerden

131

26

101

Gravidität, Geburt

126

52

120

Vaginitis, Vulvitis

200

99

121

Adnexitis acuta

274

289a

138

Wallungen

212

228

150

Fluor vaginalis

127

161

200

Sterile Ehe

297a

231

Descensus uteri/vaginae

82

143

233

Hypermenorrhö, Endometritis

98

88

263

Amenorrhö, Hypomenorrhö

129

140

272

Abortus

154

184

283a

Mastodynie, Mamillenschmerzen

356a

295a

Schwangerschaftserbrechen

299a

Myoma uteri

225

255

314a

Milchsekretion, Mamma lactans

424

309a

337a

Papanicolaou-Test III/IV

378

279

341a

Zervixpolyp

296

394a

349a

Extrauteringravidität

352a

Adnexgeschwulst

250

323a

395a

Endometriose

406a

Prämenstruelles Syndrom

429

368a

Erosio portionis, Zervizitis

137

101

407a

Hyperplasia mammae

365

427a

Pillenbeschwerden

330

366a

457a

Vagina sicca

477a

Falsche Wehen

294

392a

478a

aNicht regelmäßig häufig; vgl. Tabelle A1


Übersicht. Indikationen für die Durchführung der inneren Genitaluntersuchung bei der Frau in der Allgemeinpraxis. (Brandt 1962)

1.     Bei der Erstberatung bei jenen Frauen, ebenso bei rezidivierenden Beschwerden, falls seit der letzten inneren Exploration
        mehr als 6 Wochen vergangen waren

  • Wenn sie ausdrücklich gewünscht wird
  • Wenn Beschwerden und/oder Zeichen klar auf Krankheiten, Abnormitäten oder Veränderungen am weiblichen Genitale, evtl. im Zusammenhang mit einer Gravidität, hinweisen
  • Wenn Beschwerden seitens der Harnorgane bestehen
  • Wenn andere abdominelle Beschwerden bestehen, die sich nicht eindeutig extragenital erklären lassen
  • Wenn nennenswerte Kopfschmerzen, Ischialgie, Drüsen in der Leiste und ähnliche extraabdominell angegebene Beschwerden und Zeichen mit möglichen Beziehungen zum weiblichen Genitalorgan oder
  • Wenn Fieberzustände in den ersten 6 Wochen post partum gegeben sind
  • Wenn Allgemeinerscheinungen existieren oder alarmierende Befunde anfallen, für die die entsprechenden Routineuntersuchungen keine befriedigende Erklärung liefern konnten

2.     Bei der Wiedervorstellung bei jenen Frauen (oder baldmöglichst)

  • Wenn eine Indikation unter Punkt 1 nicht eingehalten wurde
  • Wenn sich das Bild einer offenbar extragenitalen Krankheit in Richtung auf eine Indikation unter Punkt 1 wandelt, oder wenn sich ein solches Bild nicht erwartungsgemäß bessert und daher eine Genitalerkrankung ausgeschlossen werden muss
  • Wenn allgemeine, anfangs banal erscheinende Krankheitsmerkmale ungeklärt weiterbestehen
  • Wenn u. U. nicht zureichend geklärte allgemeine und örtliche Erscheinungen weiterbestehen, und wenn seit der ersten bzw. letzten negativen Exploration mehr als 6 Wochen vergangen sind

 

Altersbedingte Probleme im Genitalbereich

Die Allgemeinärztin mit Neigungsschwerpunkt Gynäkologie, Frau Dr.med.(NL) Christine Janssen-Hinz befasst sich in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2017) mit "Frauenproblemen" im Alter wie Östrogenmangelsymptomatikurogenitale Atrophie, DeszensusFluorPostmenopausenblutungSexualität im Alter aus hausärztlicher Sichtweise anhand von 9 Fällen (siehe unten).
https://www.allgemeinarzt-online.de/a/frauenprobleme-im-alter-die-hausaerztliche-sichtweise-1852304


Fallbeispiel

Kasuistik 10.4-1: Hormonpräparat bei menopausaler Raucherin off label

Eine 63-jährige Raucherin nimmt seit der Menopause mit 52 Jahren ein orales Östrogen-Gestagen-Präparat gegen ihre Schlafstörungen. Da Progesteron vermutlich eine schlafverbessernde Wirkung hat, einigen sich die Patientin und ihre Hausärztin auf die abendliche Einnahme von 100 mg Progesteron (Utrogest®). Da für diese Indikation keine Zulassung vorliegt, erfolgt die Verordnung "off Label". Etwas anders liegt der Fall bei einer 81-jährigen Patientin, hysterektomiert, ohne thromboembolische Ereignisse in der Anamnese, die seit Jahren ein östrogenhaltiges Gel gegen ihr Schwitzen anwendet. Sie ist hiervon nicht abzubringen.

Kasuistik 10.4-2 Trockene Scheide: "Mann hat Verständnis"

Eine 63-jährige schlanke Nichtraucherin, Menopause mit 50 Jahren, klagt über Brennen und Trockenheit in der Scheide. Seit Jahren keinen Geschlechtsverkehr mehr wegen Schmerzen. Ihr Mann "hat Verständnis". Eine systemische Hormonersatztherapie (HET) wurde von der Patientin nicht gewünscht und war wegen fehlender vasomotorischer Beschwerden medizinisch nicht indiziert. Es wurde eine lokale Östrogenisierung mit Oekolp® Vaginalcreme, eine Woche lang täglich, anschließend ein- bis zweimal wöchentlich, vorgeschlagen. Daraufhin ist die Trockenheit verschwunden und der Geschlechtsverkehr ist wieder möglich. 

Kasuistik 10.4-3: "Es kommt unten was raus"

Eine rüstige Dame, 83-jährig, Zustand nach acht Geburten, klagt, "es kommt unten etwas heraus". Bei der Untersuchung in Steinschnittlage, die bei der Patientin noch sehr gut möglich war, ragt die Portio bereits vollständig aus der Vulva heraus. Nach Rücksprache mit einem operativ tätigen Gynäkologen wird eine vollständige operative Sanierung vorgeschlagen. Vorher sollte noch eine lokale Östrogenisierung erfolgen. Nach einiger Bedenkzeit kann die Patientin sich zu der Operation entschließen. 

Bei einer 76-jährigen adipösen Patientin, Zustand nach drei Geburten, fällt bei einer körperlichen Routineuntersuchung Uringeruch auf. Beim vorsichtigen Nachfragen gibt sie an, das Gefühl zu haben, "es drückt etwas nach unten und beim Husten und Niesen spritzt Urin weg". Bei der Inspektion des Vulvabereichs gibt es keine Auffälligkeiten. Es werden Beckenbodengymnastik und Gewichtskontrolle vorgeschlagen, des Weiteren eine lokale Östrogentherapie mit einer Vaginalcreme. Die Patientin schafft es daraufhin, ihr Gewicht um 3 – 4 kg zu reduzieren. Das Druckgefühl bessert sich deutlich. Die Stressinkontinenz bleibt bestehen. Es erfolgt eine Überweisung an ein operatives Zentrum, dort wird ein minimal-invasives Verfahren mit dem sogenannten TOT-Bändchen vorgeschlagen.

Kasuistik 10.4-4: Der gelbliche Ausfluss war ein Endometriumkarzinom

Eine 78-jährige Patientin hat seit längerem einen purulenten Ausfluss. Eine Lokalbehandlung mit Östrogenzäpfchen und eine orale antibiotische Therapie mit Doxyzyklin und später einem Makrolid-Antibiotikum brachten nur kurzfristig einen Erfolg. Die Patientin wurde zum Facharzt überwiesen. Mittels Vaginal-Ultraschall und diagnostischer Abrasio wurde ein Endometriumkarzinom festgestellt. Daraufhin wurde die Patientin erfolgreich kurativ operiert und nachbehandelt. 

Kasuistik 10.4-5: Blutung in der Menopause als AGV

"Jede vaginale Blutung in der Postmenopause ist ein Malignom, bis das Gegenteil bewiesen ist", schreibt Dr.med.(NL)Christine Hannsen-Hinz in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt und schildert 3 Fälle aus ihrer Allgemeinpraxis:
62-jährige Patientin, leichte Adipositas, Menopause mit 51 Jahren, "war ewig nicht mehr beim Frauenarzt", hat seit ca. vier bis fünf Monaten vaginale Blutungen. Ihre Hausärztin erklärt die Wichtigkeit einer weiteren Abklärung und vermittelt ihr einen kurzfristigen Termin bei einem operativ tätigen Gynäkologen. Es wird eine diagnostische Abrasio durchgeführt. Glücklicherweise handelte es sich um eine polypöse Hypertrophie des Endometriums ohne Anhalt für Malignität.

Eine 80-jährige fitte Patientin bekommt plötzlich eine vaginale Schmierblutung. Auch hier wird ein schneller Termin beim Facharzt vermittelt. Es wurde ein Endometriumkarzinom diagnostiziert. Dieses konnte noch rechtzeitig kurativ behandelt werden.

Eine 79-jährige polymorbide, bettlägerige Patientin mit bekanntem Endometriumkarzinom wird zu Hause gepflegt. Zur Eindämmung der Blutungen wird nach Rücksprache mit dem Gynäkologen palliativ ein hochdosiertes Gestagen (500 mg MPA täglich) gegeben. 


Quelle für alle Kasuistiken:
https://www.allgemeinarzt-online.de/a/frauenprobleme-im-alter-die-hausaerztliche-sichtweise-1852304

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