Mader : Fakten - Fälle - Fotos®
Onlineinhalte zum Buch

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

12.1.1 Neurotische Störungen. Dysthymia

Zusatzinfo

Die Klassifikation affektiver Erkrankungen (d.h. von depressiven und manischen Verstimmungen) hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert.

Die ICD-10 definiert Dysthymia und Zyklothymia (vgl. 12.2.2) als „anhaltende und meist fluktuierende Stimmungsstörungen, bei denen die Mehrzahl der einzelnen Episoden nicht ausreichend schwer genug sind“, um als hypomanische oder depressive Episoden gelten zu können. Die Dysthymia ist durch „eine chronische, mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung“ gekennzeichnet, die Zyklothymia durch „andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichen Perioden von Depression und gehobener Stimmung“. Es handelt sich somit um „unterschwellige“ Störungen, die die vollen Kriterien der depressiven Episode oder der (Hypo-) Manie nicht erreichen. Dabei hat die Dysthymia die Nachfolge der „neurotischen Depression“ übernommen, hat aber das „Neurosekonzept“ abgelegt (Brieger 2010).

 

Klagen beim Hausarzt

Menschen mit anhaltenden affektiven Störungen werden wegen der vermeintlich nicht sehr schwerwiegenden Symptomatik häufiger beim Hausarzt als beim Spezialisten vorstellig. Dabei spielt die Zyklothymia für die Versorgung eine unbedeutende Rolle: Leicht gehobene Stimmung wird vom Betroffenen fast nie als Problem wahrgenommen, allenfalls Angehörige sehen sie als pathologisch. Patienten mit Dysthymia klagen aber über Erschöpfung, unspezifische körperliche Symptome wie Schmerzen oder Schwindel, chronische Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit. Auch Angstsymptome begleiten die Störung häufig (Brieger 2010).

 

Tabelle. Unterschiedliche Klinik und Symptomatik der Dysthymie (Brieger 2010)

 

Dysthymia

Zyklothymia

Klinik

Dauerhafte depressive Verstimmung über mindestens 2 Jahre, ohne dass initial die Schwere einer depressiven Episode erreicht wird

Dauerhafte Stimmungsschwankungen zwischen leichter Depression und leicht gehobener Stimmung, ohne dass die Schwere einer depressiven oder hypomanischen Episode erreicht wird

Symptome

Mindestens drei der nachfolgenden:


- Verminderter Antrieb

- Schlaflosigkeit

- Verlust des Selbstvertrauens

- Konzentrationsschwierigkeiten

- Sozialer Rückzug

- Verlust des Interesses an Sexualität und        anderen angenehmen Aktivitäten

- Verminderte Gesprächigkeit

- Pessimismus

Während einer Episode Symptome der Dysthymia (siehe links), außerdem während einer weiteren Episode mindestens drei der nachfolgenden:


- Vermehrte Aktivität

- Herabgesetztes Schlafbedürfnis

- Überhöhtes Selbstgefühl

- Ungewöhnlich kreatives Denken

- Mehr Geselligkeit als sonst

- Gesprächiger als sonst

- Gesteigertes Interesse an sexuellen und    anderen angenehmen Aktivitäten

- Überoptimistisch


Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Copyright 2014-2024 • Prof. Dr. med. Frank H. Mader