Mader : Fakten - Fälle - Fotos®
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12.2.1 Depressive Episode

Zusatzinfo

Wissenswertes

(aus Österreichische Ärztezeitung) Im Laufe ihres Lebens erkranken etwa 17 % der Menschen der Allgemeinbevölkerung an einer Depression (Lebenszeitprävalenzrate). Bei etwa 4 % handelt es sich dabei um eine schwere Depression, bei etwa 7 % um eine mittelgradige und bei etwa 6 % um eine leichte Depression. Verschiedene epidemiologische Felduntersuchungen haben ergeben, dass zwischen 12 und 25 % der Patienten, die einen Allgemeinmediziner aufsuchen, an einer Depression unterschiedlichen Schweregrades leiden (Kasper 2007).


Tabelle. Beispielfragen zur Symptomerfassung einer depressiven Störung (NVL Depression 2009)

Hauptsymptome

Ärztliche Frage

Depressive Stimmung

„Haben Sie sich in den letzten zwei Wochen niedergeschlagen oder traurig gefühlt?“

„Gab es Zeiten, an denen Ihre Stimmung besser oder schlechter war?“

Interessenverlust und Freudlosigkeit

„Haben Sie in der letzten Zeit das Interesse oder die Freude an wichtigen Aktivitäten (Beruf, Hobby, Familie) verloren?“

„Hatten Sie in den letzten zwei Wochen fast ständig das Gefühl, zu nichts mehr Lust zu haben?“

Erhöhte Ermüdbarkeit und Antriebsmangel

„Haben Sie Ihre Energie verloren?“

„Fühlen Sie sich ständig müde und abgeschlagen?“

„Fällt es Ihnen schwer, die Aufgaben des Alltags wie gewohnt zu bewerkstelligen?“

Zusatzsymptome

 

Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit

„Haben Sie Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren?“

„Haben Sie Mühe, die zeitung zu lesen, fernzusehen oder einem Gespräch zu folgen?“

Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

„Leiden Sie an fehlendem Selbstvertrauen und/oder Selbstwertgefühl?“

„Fühlen Sie sich so selbstsicher wie sonst?“

Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit

„Machen Sie sich häufig Selbstvorwürfe?“

„Fühlen Sie sich häufig schuldig für alles, was geschieht?“

Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven

„Sehen Sie die Zukunft schwärzer als sonst?“

„Haben Sie Pläne für die Zukunft?“

Suizidgedanken/ Suizidhandlungen

„Geht es Ihnen so schlecht, dass Sie über den Tod nachdenken oder daran, dass es besser wäre, tot zu sein?“

„Hatten oder haben Sie konkrete Pläne, sich etwas anzutun?“

„Haben Sie versucht, sich etwas anzutun?“

„Gibt es etwas, was Sie am Leben hält?“

Schlafstörungen

„Hat sich an Ihrem Schlaf etwas geändert?“

„Schlafen Sie mehr/weniger als sonst?“

Verminderter Appetit

„Hatten Sie mehr/weniger Appetit in der letzten Zeit?“

„Haben Sie ungewollt abgenommen?“


Tabelle. Beispiele für ärztliche Screeningfragen bei bestimmten psychischen Störungen, bei denen depressive Symptome zum typischen Krankheitsbild gehören, bezogen auf den Zeitraum der vergangenen 4 Wochen (NVL Depression 2009)

Psychische Störung

Ärztliche Frage

Panikstörung

„Hatten Sie schon einmal einen Angstanfall, bei dem Sie ganz plötzlich von starker Angst, Beklommenheit oder Unruhe überfallen wurden?“

Generalisierte Angststörung

„Haben Sie sich schon einmal über mindestens einen Monat oder länger ängstlich, angespannt und voll ängstlicher Besorgnis gefühlt?“

Soziale Phobie

„Hatten Sie jemals unbegründete Ängste, mit anderen zu reden, etwas in Gegenwart anderer zu tun oder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen?“

Agoraphobie

„Litten Sie jemals unter unbegründeten Ängsten, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, in Geschäfte zu gehen oder sich auf öffentlichen Plätzen aufzuhalten?“

Posttraumatische Belastungsreaktion

„Haben Sie jemals ein ungewöhnlich schreckliches oder bedrohliches Ereignis erlebt, unter dessen Nachwirkungen Sie monatelang litten?“

Spezifische Phobie

„Gab es jemals eine Zeitspanne, in der Sie unter einer unbegründeten Angst vor besonderen Situationen, Gegenständen oder Tieren litten?“

Zwangsstörung

„Haben Sie jemals unter Gedanken gelitten, die unsinnig waren und immer wieder kamen, auch wenn Sie es gar nicht wollten?“

Manische oder hypomanische Episoden

„Waren Sie jemals über mehrere Tage ungewöhnlich glücklich, überdreht oder reizbar, so dass sich Freunde oder Angehörige Sorgen machten?“

Essstörung

„Haben Sie sich jemals über mehrere Monate hinweg große Sorgen darüber gemacht, wie viel Sie essen, zu dick zu sein oder zuzunehmen?“

Alkoholmissbrauch oder
-abhängigkeit

„Gab es einmal eine Zeit in Ihrem Leben, in der Sie fünf oder mehr Gläser Alkohol pro Tag getrunken haben?“

Medikamentenmissbrauch oder
-abhängigkeit

„Haben Sie schon mehrmals Anregungs-, Beruhigungs-, Schlaf- oder Schmerzmittel ohne ärztliche Verschreibung oder in höherer Dosierung eingenommen?“

Drogenmissbrauch oder
-abhängigkeit

„Haben Sie in Ihrem Leben schon mehrmals irgendwelche Drogen wie z. B. Haschisch, Ecstasy, Kokain oder Heroin eingenommen?“


Tabelle. Abschätzung des Suizidrisikos durch ärztliches Erfragen von Risikomerkmalen (NVL Depression 2009)

  • „Haben Sie in letzter Zeit daran denken müssen, nicht mehr leben zu wollen?“
  • „Häufig?“
  • „Haben Sie auch daran denken müssen, ohne es zu wollen? D. h. mit anderen Worten: Haben sich Suizidgedanken aufgedrängt?“
  • „Konnten Sie diese Gedanken beiseite schieben?“
  • „Haben Sie konkrete Ideen, wie Sie es tun würden?“
  • „Haben Sie Vorbereitungen getroffen?“
  • „Umgekehrt: Gibt es etwas, was Sie davon abhält?“
  • „Haben Sie schon mit jemandem über Ihre Suizidgedanken gesprochen?“
  • „Haben Sie jemals einen Suizidversuch unternommen?“
  • „Hat sich in Ihrer Familie oder Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis schon jemand das Leben genommen?“

WHO-5-Screening-Fragebogen. Auswertung:

Maximal: 25 Punkte. Gesamtpunktwert von 0 = minimalstes Wohlbefinden

  • 19-25 Punkte: sehr gutes Wohlbefinden.
  • 13-18 Punkte: insgesamt zufriedenstellendes Wohlbefinden.
  • 12-10-Punkte: Hinweis auf reduziertes Wohlbefinden.
  • < 10 Punkte deuten auf ein deutlich eingeschränktes Wohlbefinden hin.
  • < 7 Punkte: das Vorhandensein einer klinischen Depression ist sehr wahrscheinlich.

Zwei-Fragen-Screeninginstrument n. Whooley et al.

Die Studie von Whooley et al. (1997) liefert fundierte Ergebnisse, welche die Diagnostik von Depressionen in der Primärversorgung ergänzen können. Dieses Zwei-Item-Instrument zur Diagnostik wahrscheinlicher Fälle schwerer Depression ist genauso wirksam wie detaillierte Screeningmethoden. Diese Informationen können die Diagnostik wichtiger klinischer Zustände erleichtern, was möglicherweise zur wirksamen Behandlung der betroffenen Patienten führt.

Da eine hohe Rate falsch-positiver Ergebnisse besteht, muss der Arzt vor einer Intervention weitere Informationen einholen (Devins 1998).


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