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12.4.2 Akute psychische Dekompensation

Zusatzinfo

Wissenswertes

Die häufigsten Ursachen für die Anforderung von Rettungsmedizinern sind psychotische Krise (30,8 %), psychosoziale Krise (16,2 %), Suchterkrankungen (14,4 %) sowie Persönlichkeitsstörungen (11,3 %).

(Quelle: E. Rüther, Göttingen/München 2009)

Patienten mit einer Psychose und einer komorbiden Suchtstörung bilden heute eine große Kerngruppe innerhalb der Patienten mit Schizophrenie; dabei steht der Cannabis-Abusus mit 8 % im Vordergrund der konsumierten Substanzen.

Das Risiko für gewaltsam-aggressives Verhalten schizophrener Patienten korreliert mit dem Schweregrad der Positivsymptomatik, verringerter Impulskontrolle, koexistierender Persönlichkeitsstörungen, Drogenmissbrauch und mangelnder Medikamenten-Compliance.


Tipps

  • Beachtung des kulturellen Hintergrunds des Patienten (in manchen Kulturen gilt es als normal, laut herumzuschreien und zu klagen, wenn etwa ein Mensch stirbt).
  • Den Patienten nicht verhören, sondern ruhig und empathisch mit ihm sprechen: Nur so kann Vertrauen gewonnen werden.
  • Zuhören, zuhören, zuhören. Negativbeispiel aus der Perspektive einer Patientin: „Ich schrie, die Nachbarn holten den Notarzt und die Polizei. Keiner sprach mit mir, das war das Schlimmste. Ich hatte stärkste Gefühle, über die ich reden wollte…“
  • Manchmal lässt sich die Lage besser beherrschen, wenn man mit Einverständnis des Patienten Vertrauenspersonen aus dessen sozialem Umfeld, einen Notarzt oder einen Psychiater mit Krisenerfahrung hinzuzieht.
  • Manchmal kann sich der Arzt auch mit nonverbalen Mitteln einen Zugang zum Patienten schaffen.
  • Ist das Vertrauen des Patienten gewonnen, sollte sich der Arzt als Helfer anbieten: Der Patient weiß, dass mit ihm etwas nicht stimmt und wird das Angebot gern annehmen.
  • Dennoch sollte der Arzt zu seinem Schutz einen gewissen Sicherheitsabstand einhalten. Wird der Patient plötzlich gewalttätig, sofort 2-4 Polizisten anfordern: Menschen in psychischen Ausnahmesituationen entwickeln oft enorme körperliche Kräfte.

Fallbeispiel

Kasuistik 12.4.2-1: Hinter dem Patienten herlaufen: „Das tut gut“

Der Allgemeinarzt und Traumatherapeut Peter Schröder berichtet von einem Praxisfall, wie er sich auch mit nur nonverbalen Mitteln einen Zugang zu einem psychisch dekompensierten Patienten verschafft hatte:

Der junge Mann rannte höchst erregt ständig im Kreis herum und war überhaupt nicht ansprechbar. Ich ging eine Weile hinter ihm her und legte ihm irgendwann die Hand auf die Schulter. Da blieb der Patient stehen und sagte: „Das tut gut!“

Kasuistik 12.4.2-2: Die "schiziphrene Psychose" war Subduralhämatom

In der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2016) schildert A. Ruttmann einen psychiatrischen Notfall aus dem Rettungsdienst:

http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1787723

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