12.7.3 Transitorische ischämische Attacke (TIA)
Zusatzinfo
Wissenswertes
Bei vielen Patienten mit einer sog. TIA (Ausdruck überholt!) sind morphologische Hirnschäden ebenso nachweisbar wie andererseits das Risiko für einen Re-Infarkt nach TIA und vollendetem apoplektischen Insult etwa gleich groß ist. Konsequenz: Vermeidung des Begriffs TIA ebenso wie PRIND (Prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit).
Was der Allgemeinarzt bei Erstversorgung von TIA-Patienten wissen sollte
- Zeitfenster für Thrombolyse und insbesondere endovaskuläre, katheterbeasierte Rekanalisation ist in den letzten Jahren größer geworden (früher 6 h, heute in Einzelfällen bis 24 h). Gilt auch für Patienten mit Schlaganfall im Schlaf.
- Konsequenz: Nicht nur Patienten mit Symptombeginn 3 - 6 h vor Ereignis, sondern alle Schlaganfallpatientien innerhalb der ersten 24 - 48 Stunden ins Spital.
- Bei Verdacht sofort Rettungsdienst alarmieren! Gleich noch am Weg zum Patienten.
- Soforteinweisung in Stroke -Unit und nicht in das nächst gelegene Spital!
- Zur Erstversorgung übliche Richtlinien zur Sicherstellung der Vitalfunktion beachten (Diese ist relativ selten eingeschränkt).
- Erhebung einer aussagekräftigen Anamnese vor Ort (Anm.: rasch und strukturiert auszufüllen: Programmierte diagnostische Checkliste Nr.85 "Schlaganfall"*
- und Mitgabe der Doku in die Klinik, ggf. telefonische Übermittlung.
- Unbedingt erfragen/erheben: Wann Symptombeginn? Bisher (welche) Antikoagulanzien? Kontraindikationen dafür?
- Keine Gabe von Azetylsalizylsäure oder Antikoagulanzien!
- Blutdruck in der Regel nicht senken! Selbst RR-Werte um 220 mmHg syst. und 120 mmHg diastol. liegen noch im Rahmen.
- Schlaganfallrisiko nach TIA sehr hoch (7 - 10 % innerhalb einer Woche Schlaganfall, ca. 5 % innerhalb 48 h).
- Prophylaxe: Alle Patienten mit Vorhofflimmern profitieren von Antikoagulation.
- Blutwerte im (alters-)entsprechenden Normbereich!
- Betreuung nach Klinikentlassung: Etwa die Hälfte aller Schlaganfallpatienten durchlebt im Lauf des ersten Jahres nach dem Ereignis eine depressive Phase.
(Quelle: M. Arnold: Das Zeitfenster ist größer geworden. Ars medici Dossier VIII 2019 4-7)
* Checkliste mit freundlicher Genehmigung des Springer Verlages entnommen aus:
Mader FH, Brückner T (2019) Programmierte Diagnostik in der Allgemeinmedizin. 92 Checklisten nach Braun für Anamnese, Untersuchung und Dokumentation
https://www.springer.com/de/book/9783662588925
Tabelle. ABCD(2)-Score zur Ermittlung des Rezidivrisikos nach transitorisch ischämischer Attacke (TIA)
A Age |
Alter > 60 Jahre = 1 Punkt |
B Blood pressure |
Blutdruck initial > 140/90 mmHg = 1 Punkt |
C Clinical |
Klinische Symptome Halbseitenschwäche = 2 Punkte Sprachstörung ohne Schwäche = 1 Punkt |
D(1) Duration |
Dauer der Symptome > 60 Minuten = 2 Punkte 10-50 min = 1 Punkt |
D(2) Diabetes |
Diabetes bekannt = 1 Punkt |
Schlaganfallrisiko innerhalb von 2 Tagen: |
6-7 Punkte: Risiko 8,1 % 4-5 Punkte: Risiko 4,1 % < 4 Punkte: Risiko 1 % |