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13.1.10 Hypo- und Hyperglykämie

Zusatzinfo

Wissenswertes

„Die ACCORD-Studie hat uns den Erkenntniszuwachs gebracht, dass das Absenken des Glukosespiegels um jeden Preis Wahnsinn ist“ (Prof. Sturmvoll, Leipzig). „Es gibt keine wissenschaftliche Basis dafür, dass die antidiabetische Therapie unter einem HbA1c-Wert von 8 % den Patienten nützt“ (Prof. Tieber, Graz; zit. Dtsch Arztebl 2009; 106(27):1164 f). Es gibt Hinweise, dass das Autofahren per se blutzuckersenkend wirkt wegen des gesteigerten Glukosebedarfs.

 

Zielkorridore für HbA1c (DEGAM-LL Anwenderversion 2013)

http://www.degam.de/files/Inhalte/Leitlinien-Inhalte/Dokumente/DEGAM-Anwenderversionen/DEGAM-NVL_Diabetes_Kurzversion_2013_web.pdf

 

Tabelle. Typische Symptome einer akuten Hypoglykämie

Autonom

Neuroglykopenisch

Unspezifisch

Schwitzen

Verwirrung

Übelkeit

Herzklopfen

Benommenheit

Schwindel

Tachykardie

Sprachstörungen

Kopfschmerzen

Tremor

Sehstörungen

 

Hungergefühl

Einschränkung der Koordination

 

 

Paresen

 

 

Psychotische oder delirante Zustände

 

 

Krampfanfälle

 

 

Koma

 

Anderten et al. (2014) 

 

Diabetes und Alkohol

Hypoglykämiegefahr bei übermäßigem Alkoholkonsum. Alkohol – auch in kleinen Mengen genossen – kann die Zuckerbereitstellung in der Leber blockieren, die Entleerung des gefüllten Magens verzögern und die Kohlenhydratresorption im resorptionsbereiten Dünndarm abschwächen.

Tipp: Den Diabetiker bei Alkoholkonsum zusätzlich Kohlenhydrate essen lassen!

Hyperglykämie und chronischer Alkoholmissbrauch

Entzündliche Veränderungen der Bauchspeicheldrüse bedingen eine Behinderung der Insulinfreisetzung. Die Insulinwirkung am Muskel wird abgeschwächt; zudem enthalten verschiedene alkoholische Zubereitungen Zucker, Malz und Stärke (Kohlenhydrate!).

Diabetes und Führerschein

Für Diabetiker, die mit Diät und Insulin, auch mit Insulin und oralen Antidiabetika behandelt sind, gilt: grundsätzlich Hypoglykämiegefährdung; Patient in der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden. Sie können jedoch Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 und auch der Unterklassen C1, C1E führen, wenn davon auszugehen ist, dass sie auftretende Hypoglykämien und Hyperglykämien bemerken und erfolgreich behandeln können. In der Regel setzt dieses Stoffwechselselbstkontrollen voraus. Bei Retinopathia diabetica spezielle verkehrsmedizinische Beurteilung erforderlich (Lewrenz 2000).

Zum Entzug der Fahrerlaubnis können z. B. Neigung zu schweren Stoffwechselentgleisungen, Unterzucker-Wahrnehmungsstörung, labile Stoffwechsellage bei Neueinstellung oder Umstellungen, aber auch Glaukom und Retinopathie führen.

Diabetiker mit gehäuften Hypoglykämien oder Diabetiker mit Hypoglykämiewahrnehmungsstörungen sind nicht in der Lage, ein Fahrzeug zu führen. Der Arzt sollte beim Patienten unbedingt darauf hinwirken, dessen Fahreignung durch ein Fahreignungsgutachten überprüfen zu lassen.

Hypoglykämieneigung und Berufswahl

Patienten mit Neigung zur Hypoglykämie müssen Einschränkungen in Kauf nehmen bei z. B. Arbeiten mit Absturzgefahr, Tätigkeit an laufenden Maschinen, bei beruflicher Personenbeförderung, bei berufsmäßigem Waffengebrauch, bei verantwortlichen Überwachungsfunktionen.

Merke
„Herz und Hirn hassen Hypos“.

Folgen einer zu aggressiven BZ-Senkung

Ähnliche Ergebnisse zeigen die Studien VADT (2009), ADVANCE (2008) und die UKPDS-Folgestudie (2008). Dies gilt insbesondere für ältere Patienten mit einer längeren Diabetesdauer, die initial keine gute BZ-Einstellung aufwiesen. Eine bei Diagnosestellung frühzeitige gute BZ-Kontrolle ist dagegen mit einem tendenziell besseren Outcome (geringeren Raten an diabetesbedingten Folgen) assoziiert.

Hypoglykämien bei Sulfonylharnstoffen

Bei Überdosierung kann es – trotz notfallmäßig zugeführter Kohlenhydrate – zu mehrmaligen, ggf. prolongierten Hypoglykämien kommen.

Hypoglykämie bei Insulin

Insbesondere bei Überdosierung von Verzögerungsinsulin kann es zu unerkannten/unbemerkten nächtlichen Hypoglykämien kommen. Diese können durch hepatische Gegenregulation zu erhöhtem NBZ führen, der dann möglicherweise als Folge einer zu niedrigen Basalinsulindosis fehlinterpretiert wird.


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