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13.7.1 Struma nodosa

Zusatzinfo

Palpation

Bei zwei von drei Patienten kann eine Struma frühzeitig durch Abtasten der Schilddrüse erkannt werden. Die Übereinstimmung zwischen Sonographie und Palpation ist hoch und steigt mit dem Wert des Knotendurchmessers. Der Untersucher steht am besten hinter dem Patienten. Mit beiden Händen greift er locker um den Hals. Zunächst identifiziert er mit den Fingerkuppen von Zeige- und Ringfinger den Schildknorpel. Direkt unterhalb davon lässt sich die Trachea ertasten. Die Schilddrüse liegt auf dieser Höhe. Die beiden Lappen lassen sich im Idealfall bereits gut tasten. In dieser Position lässt sich die Schilddrüse umfassend beurteilen nach Größe, Symmetrie, Verschieblichkeit, Konsistenz, Schmerzhaftigkeit und Knoten. Anschließend soll der Patient einen Schluck Wasser trinken. Beim Schluckvorgang gleitet die Schilddrüse gut tastbar an den aufliegenden Fingern vorbei nach oben. Dier zervikalen Lymphknoten sollten bei der Palpation immer mit kontrolliert werden (Grünwald u. Sturm 2007).

 

Schilddrüsendiagnostik bei Routineuntersuchungen

Der Allgemeinarzt sollte die Schilddrüsendiagnostik bereits mit der Jugenduntersuchung J1 beginnen und in regelmäßigen Abständen von 2-5 Jahren kontrollieren. Eine gute Gelegenheit dafür sind die Check-up-Untersuchungen.

 

Knotenstruma und Jodsalzprophylaxe

Schilddrüsenknoten treten bei Jodsalzprophylaxe zwar immer noch recht häufig auf, sind aber wesentlich kleiner und erscheinen in einem höheren Lebensalter als ohne Jodsalzprophylaxe. Für die weitere Therapie von Schilddrüsenknoten, welche unter adäquater Jodversorgung aufgetreten sind, hat Jod hingegen wohl keine therapeutische Bedeutung (Luster u. Dietlein 2011).

Jenseits von ca. 12-18 Monaten ist keine weitere Verkleinerung mehr zu erwarten. Dieser Therapiephase folgt eine sekundäre, ggf. lebenslange Prophylaxe, um das erreichte Therapieziel zu erhalten. Bei einer Kombination von Levothyroxin und Jodid kann der Levothyroxin-Anteil niedrig gehalten werden. Bei zunehmend besserer alimentärer Jodversorgung, deren additiver Effekt stets zu berücksichtigen ist, sollte der Jodanteil in der Schilddrüsenmedikation moderat gehalten werden (Luster u. Dietlein 2010).


Struma nodosa bei älteren Patienten

In der Schweiz wird angesichts der ausreichenden Jodversorgung der Bevölkerung und der wenig überzeugenden Datenlage zur Beeinflussung der euthyreoten Struma durch Gabe von Schilddrüsenhormonen eine medikamentöse Therapie nicht empfohlen.

 

TSH-Spiegel bei älteren Patienten

Bei Patienten oberhalb des 55.-60. Lebensjahres kann bereits ein niedrig-normaler TSH-Wert oder ein fT4-Spiegel im oberen Referenzbereich das Risiko für Vorhofflimmern erhöhen, wobei dieser Effekt bei Männern und mit steigendendem Lebensalter ausgeprägter ist. In einer solchen Konstellation sollte evtl. eine weitere Abklärung mittels Szintigraphie erfolgen. Bei Bestätigung des Verdachts auf Autonomie kann eine definitive Therapie mittels Radiojod oder Operation sinnvoll sein (Luster u. Dietlein 2011).


Jodprophylaxe

Seefisch (z. B. Schellfisch, Seelachs, Scholle): 2x frischer Seefisch/Woche beugt möglichem Jodmangel vor. In Jodmangelgegenden und bei Patienten, die keine Jodsupplementierung, z. B. durch Nahrungsergänzungsmittel wie Multivitamintabletten einnehmen, empfehlen sich Jodtabletten zu 200 µg Jodid/d für Erwachsene.


Verlaufskontrolle bei gutartigen Schilddrüsenknoten

Bei Patienten mit Knoten < 10 mm Ø sind alle 2 Jahre ausreichend, bei Patienten mit Knoten > 10 mm Ø mind. einmal im halben Jahr. Sind Letztere über Jahre stabil, so genügt eine jährliche Kontrolle. Sieht der Arzt jedoch, dass die Knoten größer werden, sind Kontrolluntersuchungen etwa alle 8 Wochen sinnvoll (Dr. P. Neu, TUM 2010).

 

Therapie des Schilddrüsenknotens

Die vierarmige LISA-Studie zeigt, dass die Kombination von L-Thyroxin plus Jod zu einer deutlich stärker ausgeprägten Abnahme der Knoten- und Schilddrüsengröße als alle anderen Therapien (T4, Jod, Plazebo) geführt hat; dabei ist die Behandlung bei Männern und Frauen gleichermaßen wirksam, und es bestehen keine Unterschiede bei Männern und Frauen. Es profitieren sowohl große als auch kleine Knoten von dieser Therapieoption, und auch die Knotenzahl ist unerheblich hinsichtlich des Therapieergebnisses. Die Behandlung des Schilddrüsenknotens mit LT4 (+ Jodid) ist erfolgversprechend, wenn das Knotenvolumen nicht < 10 mm Ø oder auch nicht zu groß ist. Ein weiterer Punkt für die Behandlung ist die Wahrscheinlichkeit einer Größenreduktion und die häufige Vermeidung einer Operation.

Bei Knoten > 1 cm Ø ist ebenfalls die Medikation mit LT4 (+ Jodid) indiziert, allerdings erst, wenn sich per Szintigraphie kalte oder indifferente Areale und per Punktion ein benigner Befund ergeben haben (R. Paschke, DMW 2009, 49:2498).


Operation oder Radiojodtherapie?

Ist bei normofunktioneller Schilddrüsenvergrößerung die Indikation zu einer definitiven Therapie gegeben, so sind bei der Entscheidung zwischen Operation und Radiojodtherapie folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

  • das Strumavolumen,
  • die klinischen Symptome,
  • die Nuklidspeicherung der Schilddrüse,
  • das Patientenalter,
  • die Begleiterkrankungen,
  • Voroperationen an der Schilddrüse,
  • die Berufsanamnese und
  • der Wunsch des Patienten.

 

TSH-Werte

In der Schwangerschaft und bei Patientinnen mit Kinderwunsch ist bei TSH-Werten > 2,5 mlU/l eine Substitution mit Schilddrüsenhormonen zu empfehlen. Eine Absenkung des TSH-Normbereichs < 2,5 mlU/l, wie in den USA etabliert, hat sich in den europäischen Fachgesellschaften nicht durchgesetzt.

 

Kalzitoninbestimmung

Sie stellt die empfindlichste Screeningmethode dar. Im Vergleich zur Feinnadelaspiration besitzt sie eine höhere Sensitivität und Spezifität und erlaubt daher in vielen Fällen eine frühere Diagnose als MTC. Zwingend ist ein Kalzitoninscreening bei Angehörigen von Patienten mit medullärem Schilddrüsenkarzinom.

 

Szintigraphie

Die Frage, ob ein Knoten maligne Anteile enthält, kann durch eine Szintigraphie nicht abschließend beurteilt werden. Zwar sind kalte Knoten häufiger maligne als warme oder heiße Knoten. Da sich aber auch bei warmen Knoten Malignome finden, ist der Nachweis eines warmen Knotens in keinem Fall dem Ausschluss eines Karzinoms gleichzusetzen (Mai u. Spranger 2010).

 

Substitutionstherapie

In aller Regel erfolgt die Substitutionstherapie mit T4 in einer Dosis von 1,2-1,5 µg/kg Körpergewicht/d; im Kindes- und Jugendalter sowie in der Schwangerschaft ist der Bedarf etwas höher und im Senium etwas niedriger. Startdosis beim sonst gesunden Erwachsenen: 50-75 µg L-Thyroxin/d. Dosisanpassung je nach TSH-Wert in Schritten zu 12,5-25 µg. Beim alten, multimorbiden oder herzkranken Patienten empfiehlt sich der Beginn mit 12,5-25 µg L-Thyroxin und eine langsame Steigerung in 12,5 µg-Schritten alle 14 Tage bis zum therapeutischen Zielbereich.

Eine sichere Beurteilung der fT4-Spiegel unter Substitutionstherapie ist erst ca. 6 Wo nach Dosisanpassung möglich. Bei stabiler Einstellung und gutem Allgemeinbefinden ist eine routinemäßige Kontrolle alle 3-6 Monate ausreichend. Untersuchungen des Schilddrüsenstoffwechsels unter Substitution sollten immer morgens vor Einnahme des T4-Präparates erfolgen.

T4 sollte morgens 30 min vor dem Frühstück eingenommen werden (Büttner 2011).


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