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13.8.1 Rotes Blutbild

Zusatzinfo

Wissenswertes

Die Überlebenszeit der Erythrozyten liegt normalerweise zwischen 90-120 Tagen. 1 % der zirkulierenden Erythrozyten werden täglich abgebaut und durch das Knochenmark in gleicher Menge ersetzt. Eine Veränderung dieses Gleichgewichts, sei es durch verstärkten Abbau (Hämolyse, Hypersplenismus), erheblichen Verlust (Blutung) oder verminderte Erythrozytenbildung (Mangelzustände, Myelodysplasien), führt zu einer Anämie. Die Anämie kann somit eine zentrale Ursache haben und keine vermehrte Regeneration zeigen (Retikulozyten < 50 G/l) oder peripheren Ursprungs sein (mit regenerativer Reaktion) (Samii et al. 2003).


Tabelle. Normalwerte für das rote Blutbild

 

Männer

Frauen

Hämatokrit

40-52 %

37-47 %

Hämoglobin

140-180 g/l

120-160 g/l

Erythrozyten

4,4-6 T/l

3,8-5,2 T/l

MCV (Hämatokrit/Ery)

                                           82-98 fl

MCHC (Hb/Hämatokrit)

                                           320-360 g/l

Bei Anämie:

Retikulozyten:

< 50 G/l                                           aregenerative Anämie

50-100 G/l                        teilweise regenerative Anämie

> 120 G/l                          regenerative Anämie


Das blasse Kind

Wissenswertes

Die Hb-Konzentration während der Entwicklung eines Kindes von der Neonatalperiode bis ins Erwachsenenalter unterliegt starken Schwankungen. Im 3.-6. Monat ist die physiologische Abnahme der Hb-Konzentration bedeutungsvoll, welche als Trimenonreduktion bezeichnet wird; sie hängt ursächlich mit dem Ersatz des fetalen Hämoglobins durch das adulte Hämoglobin zusammen (Lode 2008).


Ferritin in der Grauzone

Liegt der Ferritinspiegel im mittleren Bereich, kann eine chronische Entzündung Ursache einer Anämie sein. Wichtiger Mittler dabei ist Hepcidin, ein in der Leber gebildetes Akut-Phase-Protein, das insbesondere bei bakteriellen Entzündungen überexprimiert wird und eine Eisenmangelanämie auslöst. Zur Unterscheidung einer Eisenmangelanämie von einer durch eine chronische Entzündung (z. B. durch Malignom, Lebererkrankung oder Alkoholismus) hervorgerufene Anämie reicht die Bestimmung des Ferritins nicht aus; hier kommt der lösliche Transferrinrezeptor (sTfR) zum Einsatz. Eine Erhöhung des sTfR bestätigt die Vermutung eines Eisenmangels. Diese Untersuchung empfiehlt sich für Ferritinwerte im kritischen Bereich zwischen 20 µg/l und 200 (Frauen) bzw. 300 µg/l. Liegt der Quotient sTfR/nogFerritin bei < 1, liegt eine Anämie bei chronischer Erkrankung vor. Bei einem Quotient > 2 muss von einer Anämie bei chronischer Entzündung gemeinsam mit einer Eisenmangelanämie ausgegangen werden.


Anämie bei Älteren

In der oft multifaktoriellen Pathogenese dieser Anämieform spielen chronische Entzündungsprozesse, unterschätzte subklinische Störungen der Nierenfunktion mit verminderter Erythropoietinproduktion, Malnutrition mit Vitamin- und Eisenmangelzuständen, Diabetes mellitus, Hypothyreose  eine Rolle sowie gelegentlich auch ein relativer Testosteronmangel und nicht selten ein Alkoholmissbrauch. Die Häufigkeit der primären Stammzellerkrankungen vom Typ der myelodysplastischen Syndrome als Ursache einer Anämie steigt mit zunehmendem Alter (Buser u. Klarer 2007).


Orale Eisensubstitution

Um die Hb-Konzentration um 1 g/dl anzuheben, werden etwa 200 mg Eisen benötigt. Hat ein Patient mit Eisenmangelanämie einen Hb-Wert von 9 g/dl und soll dieser Wert auf 14 g/dl angehoben werden, so sind etwa 1 500 mg Eisen erforderlich, um diese Hb-Konzentration zu erreichen. Gleichzeitig wird ein physiologischer Eisenvorrat von etwa 500 mg angelegt.


Eisenmangel mit und ohne Anämie

Wissenswertes

Eisenmangel (iron deficiency) ist definiert als der vollständige Verbrauch des zellulären Speichereisens, das für metabolische und physiologische Funktionen benötigt wird. Er kann mit oder ohne Anämie auftreten.

Während das Problem nach der Menopause (rd. 5 %) und bei Männern (< 3 %) selten ist, liegt die Prävalenz bei menstruierenden Frauen bei 10-30 % wohl wegen der heutigen Ernährungsgewohnheiten (Verzicht auf tierisches Eiweiß) und des Eisenverlustes im Rahmen der Menstruationsblutung. Eisenmangel ist auch ein Problem im extremen Ausdauerlaufsport vor allem bei Sportlerinnen (hypokalorische und eiweißarme Ernährung?). Darüber hinaus kommt es bei extrem langen Läufen zu Mikroblutungen im Darm und in der Harnblase (Laufen mit leerer Blase).

 

Eisenbestand

Der Eisenbestand des Menschen beträgt normalerweise 3 000-5 000 mg, wovon sich zwei Drittel im Hämoglobin der Erythrozyten befinden. Täglich werden 25 mg Eisen für die Erythrozyten-Neusynthese benötigt. Normalerweise wird dieser Bedarf durch Recycling von Eisen aus dem Abbau alter Erythrozyten gedeckt. Bei Blutverlusten ist der Eisenbedarf für die (gesteigerte) Erythrozyten-Neusynthese größer als die Eisenmenge, die aus dem Abbau alter Erythrozyten gewonnen wird. Unter diesen Bedingungen greift die Erythropoese dann auf an Ferritin gebundenes Speichereisen (Leber, Milz und Knochenmark) zurück (Schaefer 2011).

 

Therapie des Eisenmangels

Sowohl die orale wie auch die i.v. Eisentherapie führen zu vergleichbaren Hb-Korrekturen bei anämischen Patienten. Die Behandlung mit oralem Eisen ist kostengünstig und wirksam, wenn sie strikte und meist über mehrere Monate hinweg eingehalten wird. Die Resorbierbarkeit von 2-wertigen (Ferro-) und 3-wertigen (Ferri-)Eisensalzen für die perorale Therapie von Eisenmangelzuständen wird kontrovers diskutiert.

Fe+++-Präparate sind signifikant besser verträglich als Fe++-Präparate. Falls die orale Eisentherapie nicht erfolgreich ist (z. B. mangelnde Therapietreue, fortbestehender Eisenverlust, der die gastrointestinale Eisenabsorption übersteigt) oder vom Patienten nicht toleriert wird, sollte zu einer i.v.-Eisenbehandlung gewechselt werden (Fehr et al. 2009).


Tabelle. Laborparameter zur Diagnostik eines Eisenmangels oder einer Eisenmangelanämie

Parameter

Normwert

Bewertung

Hämoglobin (Hb)

Frauen: < 12 g/dl

Männer: < 13 g/dl

Nachweis einer Anämie

MCV (Mittleres Corpuskuläres Volumen)

80-96 fl

Bei Eisenmangel aufgrund der Mikrozyten vermindert. Zuverlässiger, aber relativ später Indikator für einen Eisenmangel. Niedrige Werte auch bei Thalassämie.

MCH (Mittlerer Corpuskulärer Hb-Gehalt)

28-32 pg

Bei Eisenmangelanämie aufgrund der Hypochromie vermindert.

Ferritin

Hinweis auf absoluten Eisenmangel bei Werten < 30 ng/ml

Maß für die Belastung der Eisenspeicher. Erhöhte Ferritinwerte sind möglich bei chronischer Entzündung sowie bei Nieren- oder Herzinsuffizienz und Malignomen.

Transferrinsättigung

20-45 %

Maß für die Eisenbeladung des zirkulierenden Transferrins. Bei unter 20 % kommt es zu einer eisendefizitären Erythropoese.

CRP

Bis 10 mg/l

Einschätzung der Ausprägung der Entzündung bei V. a. funktionellen Eisenmangel.


Erythrozytose

Wissenswertes

Das Knochenmark des Rauchers reagiert auf den Sauerstoffmangel mit der gesteigerten Produktion roter Blutkörperchen, um den Bedarf zu decken.

 

Kriterien der Erythrozytose

Frauen:              Hämatokrit > 48 %

                            Hämoglobin > 16,5 g/dl

Männer:             Hämatokrit > 52 %

                            Hämoglobin 18,5 g/dl

oder die erhöhte absolute Erythrozytenzahl im peripheren Blut.

Absolute Erythrozytose: hervorgerufen durch eine echte Erhöhung der Erythrozytenzahl.

Relative Erythrozytose: wesentlich häufiger; entsteht aufgrund reduzierten Plasmavolumens, z. B. bei Exsikkose


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