Mader : Fakten - Fälle - Fotos®
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2.7 Kruppbilder

Zusatzinfo

Wissenswertes

Der etwas verharmlosende Name „Pseudokrupp“ ist irreführend. In der Literatur wird eher von „Krupp-Syndrom“ gesprochen. Bei aufgeregtem Kind kann der Stridor sehr laut sein und die Eltern massiv ängstigen. Für die sachliche Beurteilung ist jedoch der Stridor bei ruhigem Kind wichtig. Eine Ruhestridor ist ein Zeichen für deutliche Atemnot und muss ernst genommen werden. Achtung: Bei zunehmender Ateminsuffizienz wird auch der Ruhestridor leiser.

Therapie

Dexamethason oral schützt aufgrund der längeren Wirksamkeit besser vor einem Rezidiv als Prednisolon rektal.

Die in Deutschland bislang gebräuchliche rektale Gabe von 10 mg Prednisolon wird international nicht praktiziert.

Stridor

Stridor kann das Ergebnis eines relativ gutartigen Prozesses sein, aber auch das erste Anzeichen einer schweren oder gar lebensbedrohenden Störung. Im Allgemeinen lässt ein inspiratorischer Stridor auf eine Luftwegeobstruktion oberhalb der Glottis schließen, während ein exspiratorischer Stridor ein Indikator für eine Obstruktion im unteren Trachealabschnitt ist. Ein sowohl inspiratorisch- wie exspiratorischer Stridor (biphasisch) kann auf eine glottische oder subglottische Störung hinweisen.
(Leung u. Cho 1999)


Tabelle: Unterschiede zwischen der stenosierenden (subglottischen) Laryngotracheitis (früher »Pseudokrupp«) und der akuten (supraglottischen) Epiglottitis

 

Laryngotracheitis

Epiglottitis

Allgemeinzustand

Befriedigend

Schwer krank

Toxisch

Schock

Körpertemperatur

Muss nicht erhöht sein

In der Regel stark erhöht

Begleitrhinitis

Häufig

Nein

Stridor

Inspiratorisch, später auch exspiratorisch

Inspiratorisch, ausgeprägt

Husten

Bellend („Krupphusten“)

Selten

Hals- und Schluckschmerzen, Speichelfluss

Nein

Häufig

Stimme, Sprache

Heiser bis aphonisch

Leise, verhalten, kloßig, aber nicht heiser

Erreger

Viren

Meist Haemophilus influenzae

Allgemeine Maßnahmen

Herumtragen, Beruhigung

Verlassung der sofortigen stationären Einweisung mit ärztlicher Begleitung

Erstbehandlung durch den Allgemeinarzt

Hochdosierte Kortikoide, rektal 100 mg Prednison, Wirkungseintritt nach 30-45 min

Sedierung: Chloralhydrat Rektiole

Gabe von Kortikoiden wirkungslos


Fallbeispiel

Kasuistik 2.7-1: Gesund ins Bett – um Mitternacht bellender Husten

Das 2-jährige Kind wurde abends gesund ins Bett gebracht (rückblickend wundert sich die Mutter über die etwas heisere Stimme). Um Mitternacht erwacht das Kind mit bellendem Husten, schreit und hat leichte Atemnot.

Die Therapie besteht in erster Linie in der Beruhigung der Patienten und der Eltern (z. B. Anschauen eines Büchleins). Der Autor gab ein perorales Betamethason (Betnesol®-Tablette à 0,5 mg in der Dosierung 0,2 mg/kg, also pro 5 kg KG 2 Tabletten Betnesol in wenig Wasser gelöst). Der Vorteil von Betamethason ist, neben der guten Verabreichbarkeit, die lange Wirkungsdauer (> 48 h); daher ist eine Einmaldosis praktisch immer ausreichend. Zu beachten ist, dass jedes Steroid mind. 1 h (häufig sogar 2-4 h) bis zum Wirkungseintritt braucht.
[Meier u. Riesen (2009) Der Pseudokrupp. PrimaryCare (9)1:8-9]

Stichwörter: etwas heisere Stimme/bellender Husten, aufgeregtes Schreien, Atemnot – Beruhigung von Kind und Mutter – Therapie mit Steroiden

Kommentar:

Die allermeisten langjährig niedergelassenen Allgemeinärzte haben im Laufe ihres Praktikerlebens möglicherweise nur 1-2 sehr schwere Atemnotfälle gesehen. Der vorliegende Fall ist ein klassischer „Pseudokrupp“ bei einem leicht erkälteten Kind, das nachts plötzlich mit Atemnot und bellendem Husten aufwacht. In der Praxis bereitet uns eher die bakterielle Laryngotracheitis Probleme, obwohl ebenfalls selten.

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