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14.2.3 Kursweiterbildung Psychosomatik

Zusatzinfo

Wissenswertes

Ein Fach „Psychosomatische Medizin“ ist in vielen Ländern unbekannt. Krankheiten werden dort entweder den somatischen Fächern oder der Psychiatrie zugeordnet. Auch wenn sie sowohl somatische als auch psychosomatische Komponenten besitzen und eine multimodale Therapie mit einem Schwerpunkt auf (Körper-)Psychotherapie erfolgt. Dagegen gibt es in Deutschland eine lange Tradition psychosomatischer Medizin; sie besteht heute aus drei Komponenten: Einer immer weiter verbreiteten Basisversorgung durch niedergelassene Ärzte der Hausarzt- und somatischen Fachmedizin („Psychosomatische Grundversorgung“); einem gut ausgebauten Konsil- und Liaisondienst in Krankenhäusern; sowie einem Netz spezialisierter psychosomatischer Fachabteilungen und –kliniken. Dieses Versorgungsmodell wird zunehmend zum Vorbild für andere Gesundheitssysteme (Hausteiner-Wiehle u. Henningsen 2012).

In der ärztlichen Tätigkeit mit hausärztlicher Versorgung und oft langzeitlicher Betreuung müssen in Diagnostik und Therapie auf der Ebene der psychosomatischen Grundversorgung zusätzlich zu den somatischen Aspekten der Behandlung emotionale, familiäre und soziale Belange der Patienten Berücksichtigung finden bzw. integriert werden.

Dabei kommt der Fähigkeit zum reflektierten Umgang mit der Beziehung zum Patienten und dessen individueller Lebenswelt entscheidende Bedeutung zu. Diese Fähigkeiten des Arztes/der Ärztin bilden auch eine wesentliche Grundlage dafür, alle Ressourcen des Patienten für dessen Gesundung aufzuspüren und zu mobilisieren.

Der insgesamt 80stündige Kurs vermittelt praxisnah Kompetenzen in Bezug auf Erkennung und Umgang mit psycho-somatischen ebenso wie somatopsychischen Problemen und Erkrankungen; unterteilt in die Module:

  • Theorie psychosomatischen Krankseins [20 Stunden]
  • Verbale Interventionstechniken/ärztliche Gesprächsführung [30 Stunden]
  • Einführung in die Balintarbeit [30 Stunden]

Der Gesamtkurs ist obligater Bestandteil der Weiterbildungsordnungen für KollegInnen auf dem Weg zum Facharzt / zur Fachärztin für Allgemeinmedizin, Gynäkologie und andere Fachgebiete. Das Kursangebot ist daher auch so konzipiert, dass es sich auch für Kollegen anderer ärztlicher Fachgruppen wie etwa Ärzte und Ärztinnen für Gynäkologie und Geburtshilfe, Neurologen, Psychiater u. a. eignet.

Über die Anforderungen für die genannten Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern hinaus, kann mit diesem Kurs auch die Qualifikation gemäß Psychotherapie-Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die Abrechnungsgenehmigung des Zusatzmoduls "Psychosomatik" (EBM Ziffern 35100 und 35110) erlangt werden.


Didaktik

Es werden je nach thematischem Schwerpunkt theoretische und praktische Inhalte über Kurzvorträge, Arbeitsblätter, den Einsatz von Videomaterial, das Arbeiten an Fallbeispielen aus dem ärztlichen Alltag in Klein- oder Großgruppenarbeit, ebenso wie über praktische Übungen und Rollenspiele zur ärztlichen Gesprächsführung unter Einsatz von Tonband-Feedback u. a. m. vermittelt.

Die Arbeit in der Einführung zur Balintarbeit hat ihren Schwerpunkt in der Reflektion des emotionalen Erlebens des Arztes/ der Ärztin in der Arzt-Patient-Beziehung. Hintergrund bilden hier selbst eingebrachte Beispiele aus der Praxis der KursteilnehmerInnen. Aus den ausgehändigten Skripten, Texten und sonstigem Unterrichtsmaterial ergibt sich am Ende des Kurses eine Materialsammlung zum Nacharbeiten.

 

Inhaltliche Konzeption und Themen

Ausgangspunkt für das Kursangebot ist die Reflektion ärztlichen Handelns unter dem Konzept der Integrierten Medizin i. S. von Thure von ÜEXKÜll, dessen wesentliche Zielsetzung darin besteht, den Dualismus einer somatischen Medizin für Körper ohne Seelen und einer psychologischen Medizin für Seelen ohne Körper aufzuheben. Darüber hinaus wird Kranksein, Prävention und ärztliches Handeln in dieser Weiterbildung auch unter salutogenetischem Konzept nach ANTONOWSKI betrachtet, das als unverzichtbare Ergänzung zur pathogenetischen Herangehensweise die Bedingungen der individuellen Gesunderhaltung und Mobilisierung persönlicher Ressourcen des Patienten reflektiert und einbezieht. In den Modulen ‚Psychosomatische Theorie' sowie ‚verbale Interventionstechniken' werden thematisch Schwerpunkte gesetzt:

  • Über den rätselhaften Sprung vom Seelischen ins Körperliche und umgekehrt; Pathogenese- vs. Salutogenese-Konzept
  • Entwicklungspsychologische Grundlagen unter dem Aspekt der gesamten Lebensspanne
  • Grundlagen der psycho-somatischen Krankheitslehre inkl. Abgrenzung von Neurosen und Psychosen u. Psychopharmakotherapie
  • Erschöpfungs-, Schwächezustände,
  • Depression und Angsterkrankungen, Suizidalität
  • somatoforme Störungen, inkl. psychosomatische Schmerzsyndrome am Beispiel chronischer Schmerzzustände d. Bewegungsapparates
  • Funktionelle Störungen am Beispiel des Herz-Kreislauf- Systems
  • Umgang mit chronischen Krankheiten, Modi der Krankheitsverarbeitung
  • essentielle Hypertonie, Koronare Herzkrankheit, metabolisches Syndrom in der Primär- und Sekundärprävention
  • Sexualstörungen
  • Essstörungen und Suchterkrankungen
  • Umgang mit aggressiven und unkooperativen "schwierigen" Patienten,
  • Eröffnung und Beendigung von Gesprächen, Fragen des "Settings"
  • Begleitung von Sterbenden; Überbringung schlechter Nachrichten bei schweren Erkrankungen
  • Indikation ambulanter und stationärer psychotherapeutischer Behandlung

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