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3.6.1 Die kranke Schulter

Zusatzinfo

Am Beispiel der allgemeinmedizinischen BEs Arthropathie und/oder Periarthropathie lässt sich in eindrucksvoller Weise aufzeigen, dass die zunächst etwas diffus anmutenden Begriffe (z. B.»Omarthropathie« oder »Periarthropathie im Bereich des Schultergelenkes«) nicht nur den Bedürfnissen der täglichen Praxis gerecht werden, sondern darüber hinaus auch geeignet sind und bleiben, den entsprechenden Fortschritten in der Diagnostik und zugleich auch dem jeweiligen Stand der Nomenklatur in der spezialistischen Wissenschaft Rechnung zu tragen.

 

Beispiel Beratungsergebnis »Omarthropathie«

Dieses BE kommt regelmäßig häufig in der Allgemeinpraxis vor.

Ausgehend von einer bestimmten anatomisch-pathologischen Vorstellung wurde von Duplay 1872 der Begriff »Periarthritis humeroscapularis« in der Annahme einer Entzündung nach Trauma geprägt. Bald wurde der Genese widersprochen, da die schmerzhafte Schultersteife häufiger auch ohne Trauma beobachtet wurde. Im Jahr 1907 sah Stieda Verkalkungen, die in die Bursa subacromialis lokalisiert wurden. Im gleichen Jahr diagnostizierte Cod-man als erster einen Abriss der Supraspinatussehne. Der Begriff der »Bursitis calcarea« wurde geprägt. Wrede sah 1912 diese Verkalkungen in der Supraspinatussehne und nicht in der Bursa. Er erkannte bereits, dass zwischen Größe des Kalkschattens und klinischer Symptomatologie kein Zusammenhang besteht. Der Begriff der Periarthritis humeroscapularis hat sich lange Zeit gehalten, obwohl er nach Ansicht der Spezialisten keine nosologische Einheit darstellt. Da die Ursache in den allermeisten Fällen eine Degeneration ist, wird heute der Oberbegriff der PHS oder (neuerdings) des Subakromialsyndroms akzeptiert, wohl wissend, dass auch dieser Begriff diagnostisch weiter aufgefächert werden kann.


Ursachen für Schmerz und Bewegungseinschränkung sind mechanische Irritationen der Sehnen und des Gleitgewebes zwischen dem korakoakromialen Bogen und dem Tuberculum majus humeri. Hauptsächlich sind Sehnenansatz und Peritendineum des M. supraspinatus und die Bursa subacromialis betroffen. Dadurch kommt es zunächst zu einer Peritendinitis und Bursitis subacromialis als einfachsten und noch reversiblen Formen der PHS.


Tabelle. Anamnese und Untersuchung bei Schulterschmerzen (Mitchell et al. 2005)

Anamnese

  • Beginn, Charakteristika, funktionelle Auswirkungen des Schulterschmerzes?
  • Ist die dominante/nicht dominante Hand betroffen?
  • Schmerzen in Ruhe, bei Bewegung oder bei beidem?
  • Tut die Schulter nachts weh?
  • Führt der Schulterschmerz zu einer anderen Schlafstellung?
  • Liegen auch Schmerzen im Nacken, Brustkorb oder anderswo im Bereich des Arms vor?
  • Fragen nach zurückliegendem akutem Trauma, Schulterschmerzen oder Instabilität
  • Berufliche Tätigkeit und sportliche Aktivität(en)
  • Bestehen auch Beschwerden in anderen Gelenken?
  • Systemische Symptome: Fieber, Gewichtsverlust, Hautausschlag, Atembeschwerden?
  • Bestehen gewichtige Begleiterkrankungen (Diabetes, Stroke, Krebs, Psoriasis, Lungen-, Magen-Darm-, Nierenaffektionen)?
  • Was werden zurzeit für Medikamente eingenommen? Sind Arzneimittelnebenwirkungen bekannt?

Untersuchung

  • Immer auch Untersuchung von Nacken, Axilla und Brustwand
  • Bewegungsumfang der Halswirbelsäule erfassen
  • Inspektion der Schulter: Schwellung? Muskelschwund? Deformität?
  • Palpation von Sternoklavikular-, Akromioklavikular- und Schultergelenk: Druckempfindlichkeit, Schwellung, Überwärnmung, Krepitus
  • Seitenvergleich der beiden Schultern für Kraft, Stabilität und Bewegungsumfang (aktiv, passiv, gegen Widerstand)
  • „painful arc“: schmerzhafte Abduktion zwischen 70 und 120 Grad
  • Passive Außenrotation prüfen
  • „Armsinktest“: Patient lässt abduzierten Arm langsam in Richtung Hüfte sinken

 

Video

Untersuchung der Schulterregion
https://www.youtube.com/watch?v=p8FnxrA4X4s


Die Rotatorenmanschetten-Tendinopathie ist die häufigste Ursache für Schulterschmerzen. Obwohl die Erkrankung mit körperlicher Aktivität in Zusammenhang steht, betrifft sie durchaus auch die nicht dominante Seite bei Menschen, die keinerlei körperlich anstrengenden Tätigkeit nachgehen.


Diagnostik beim Bild einer Rotatorenmanschetten-Ruptur

Bei der Inspektion kann ein Muskelschwund auffallen, aktive und gegen Widerstand durchgeführte Bewegungen sind schmerzhaft, teilweise auch eingeschränkt, während die passive Beweglichkeit, wenn auch unter Schmerzen, erhalten ist. Das Zeichen des Painful Arch ist weder spezifisch noch sonderlich sensitiv; ist es positiv, stützt dies jedoch die Diagnose einer Rotatorenmanschettenläsion (Mitchell 2005).

Für die gezielte körperliche Untersuchung beim Bild einer Rotatorenmanschetten-Ruptur stehen verschiedene Testmethoden zur Verfügung, welche jedoch vom Patienten ein gewisses Maß an Kooperation und vom Arzt bestimmte Kenntnisse in Anatomie und Untersuchungstechnik erfordern.


Klinische Untersuchung

Test

Beschreibung

Betroffener Muskel

Test nach Jobe

Der um 90 ° abduzierte und innenrotierte Arm kann nicht gegen Widerstand gehalten werden.

M. supraspinatus

Hornblower-Test

Patient muss die Hand an den Mund führen, Bewegung nur durch Anheben des Ellenbogens möglich.

M. infraspinatus,
M. teres minor

Lift-off-Test

Der Patient versucht, die Hand gegen den Widerstand des Untersuchers vom Rücken abzuheben.

M. subscapularis

Impingement-Test nach Neer

Schmerzen bei forcierter Abduktion.

Einklemmung des verletzten Anteils der Rotatorenmanschette im Subacromialraum


Ursachen für Schmerz und Bewegungseinschränkung

Ursachen für Schmerz und Bewegungseinschränkung sind mechanische Irritationen der Sehnen und des Gleitgewebes zwischen dem korakoakromialen Bogen und dem Tuberculum majus humeri. Hauptsächlich sind Sehnenansatz und Peritendineum des M. supraspinatus und die Bursa subacromialis betroffen. Dadurch kommt es zunächst zu einer Peritendinitis und Bursitis subacromialis als einfachsten und noch reversiblen Formen der PHS.


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