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3.7 Arthrosis deformans

Zusatzinfo

Fingerpolyarthrose

Eine Arthrose findet sich nicht - wie vielfach angenommen - am häufigsten am Knie- oder Hüftgelenk, sondern an den kleinen Gelenken der Hand, schreiben Prof. Dr. med. Rehart und Dres. med. Arndt und Henninger in der Zeitschrift Der Allgemeinarzt (2017).
https://www.allgemeinarzt-online.de/a/tennisarm-fersensporn-ballenzeh-orthopaedische-krankheiten-in-der-hausarztpraxis-1834527


Medikamentöse Therapie

Nicht steroidale Antirheumatika sind die am meisten verordneten Medikamente bei degenerativen Gelenkerkrankungen. Zu unterscheiden sind die nichtselektiven Cox-1+2-Hemmer (auch als „konventionelle NSAR“ oder „traditionelle NSAR/tNSAR“ bezeichnet) von den Cox-2-selektiven.

Die Wirksamkeit der nichtselektiven- Cox-Hemmer (tNSAR) in der Behandlung der Arthrose ist in zahlreichen Studien hinsichtlich Schmerzreduktion und relevanter Funktionsverbesserung belegt. Innerhalb der tNSAR lassen sich für die Wirkung keine wesentlichen Unterschiede erkennen. Schmerzwirksame tNSAR (z. B. Diclofenac, Ibuprofen) sind den langwirksamen (z. B. Piroxicam/Felden®) vorzuziehen. Sämtliche NSAR verfügen über ein erhebliches Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzial. Sie erhöhen allesamt das Risiko für gastrointestinale, kadiovaskuläre und renale Komplikationen. Coxibe (z. B. Celecoxib/Celebrex®) sind weder hinsichtlich ihrer analgetischen noch ihrer antiphlogistischen Potenz den tNSAR überlegen (Rosemann 2008). Bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von gastrointestinalen Komplikationen (z. B. Patienten ab dem 50. Lebensjahr, Paralleleinnahme von low-dose-ASS oder Antikoagulanzien, Ulkusanamnese) wird die Komedikation mit dem synthetischen Prostaglandinhemmer Misoprostol oder einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) empfohlen.

Merke
PPI sind am Dünn- und Dickdarm nicht wirksam; daher bieten sie bei tNSAR-Gabe nur einen eingeschränkten Schutz vor Nebenwirkungen im GI-Trakt: Schwere Blutungen können also auch im distalen Verdauungstrakt entstehen.


Gelenkersatz

Der Hausarzt wird in der Regel in die Entscheidung mit einbezogen, wenn sich der Patient in Absprache mit dem Spezialisten für einen totalendoprothetischen Gelenkersatz (TEP) entschieden hat. Dabei sollte eine Reihe von Faktoren in die Entscheidung einfließen (Tabelle). An erster Stelle steht der subjektive Leidensdruck des Patienten (weiterhin keine tolerable Situation im Hinblick auf Schmerz und Gelenkfunktion trotz optimaler Ausschöpfung aller konservativen und medikamentösen Maßnahmen). Auch sollte das Alter in die Entscheidung mit einbezogen werden.

Tabelle. Faktoren, die in die Entscheidungsfindung für eine operative Intervention einfließen sollten (Rosemann 2007)

  • Art und Ausmaß degenerativer Gelenkveränderungen
  • Funktionszustand benachbarter Gelenke (Kompensationsvermögen)
  • zu erwartende Progression der Arthrose
  • Alter des Patienten
  • Leidensdruck
  • Motivation und die zu erwartende Mitarbeit in der postoperativen Rehabilitation
  • allgemeines Operationsrisiko

In Finnland hat sich ein „Bewerbungsschema für Koxarthrose“ im Rahmen der Priorisierungsdebatte als Entscheidungsbasis für eine TEP bewährt, bei dem maximal 100 Punkte zu vergeben sind. Die Operation ist dabei nur bei > 50 Punkten angezeigt (Preusker 2007) (Tabelle).

Tabelle. Finnland: Bewerbungsschema für Koxarthrose als Therapie-Entscheidungsbasis

Schmerzen

Punkte

Keine Schmerzen

0

Leichte Schmerzen unter Belastung

10

Mittelschwere Schmerzen (Patient benötigt häufig schmerzlindernde Medikamente)

20

Schwere Schmerzen in Ruhe oder kräftige Schmerzen bei Bewegung

30

Gehstrecke

Über 1 000 Meter

0

100 bis 1 000 Meter

5

Unter 100 Meter

10

Andere funktionelle Einschränkungen (Bergaufgehen, Treppensteigen, Schuhanziehen, Fußpflege, Waschen etc.)

Keine Einschränkungen

0

Geringe Einschränkungen

5

Mittelschwere Einschränkungen

15

Gefährdung der täglichen Funktionen

30

Klinischer Befund

Kein Befund

0

Minderer Befund

5

Gravierender Befund

10

Eventuelle Krankheitsprogression gemäß Röntgenbefunden

Keine Gefahr

0

Mäßige Gefahr

10

Offenbares Risiko

20


Entstehung

In welchem Maße genetische, mechanische und psychosoziale Ursachen das Krankheitsgeschehen bedingen, ist möglicherweise individuell sehr unterschiedlich. Bei allen Patienten scheint aber eine Schädigung des Gelenkknorpels vorzuliegen (Lancet 2005; 365:965-973).


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